Währung ist für die meisten von uns selbstverständlich das nationale gesetzliche Zahlungsmittel, z.B. der Euro, den wir jeden Tag benutzen. Aber es gibt viele Formen von sogenannten Komplementärwährungen, die den Euro ergänzen, ohne ihn ersetzen zu wollen: Regionalwährungen wie der Chiemgauer, Bonussysteme und Kundenbindungsprogramme (Unternehmenswährungen), Business-to-Business-Währungen (Bartersysteme und WIR-Bank), staatliche Parallelwährungen, Tauschringe und Zeitbanken , so genannte Virtuelle und Krypto-Währungen wie z.B. Bitcoins, Energiewährungen, Freebanking und andere Komplementärwährungen. Jede von ihnen füllt eine andere Nische in unserem wirtschaftlichen Ökosystem. Eine Vielfalt von Geldsystemen ist dabei genauso nützlich für die Entfaltung unserer Beziehungen und Gesellschaft, wie die Artenvielfalt für eine nachhaltige Umwelt.
Die nationale Währung wird gesetzliches Zahlungsmittel genannt, weil es die einzige Art von Geld ist, die für die Zahlung von Steuern aktzeptiert wird und mit der jede Art von persönlichen oder geschäftlichen Schulden beglichen werden kann. Aber dass der Euro heute bei uns so umfassend und scheinbar ausschliesslich verwendet wird, ist historisch eher die Ausnahme als die Regel.
Moderne und durch Zentralbanken regulierte nationale Währungen, tauchten erst in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts mit den ersten Wellen der Globalisierung auf. Aber in der Wirtschaftskrise der frühen 1930 Jahre, kamen wieder vermehrt Währungen in Umlauf mit denen Gemeinden und Unternehmernetzwerke versuchten die Not, die aus der Knappheit der offiziellen Zahlungsmittel resultierte, zu lindern.
Der Währungsexperte Bernard Lietaer hat dafür den Begriff „Komplementärwährung“ geprägt, um zu verdeutlichen, dass diese Währungen parallel zu nationalen Währungen arbeiten und diese nicht ablösen wollen. Nationale und komplementäre Währungen ergänzen einander und haben Qualitäten und Zielsetzungen, welche die andere nicht haben.
Auch in ihrer Ausprägung gemäss der drei „Funktionen des Geldes“: Wertmassstab, Tauschmittel und Wertbeständigkeit, unterscheiden sich diese Währungen bisweilen grundlegend von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Die meisten komplementären Währungen sind auf die Optimierung der Tauschmittel-Funktion hin ausgelegt. Manche verwenden ganz unterschiedliche Werteinheiten wie zum Beispiel Zeit oder Kilowattstunden, andere wiederum sind besonders an langfristiger Wertstabilität interessiert.
Um die Vielfalt dieser Währungen zugänglicher zu machen, unterscheiden wir hier gemäß dem deutschen Sprachgebrauch die folgenden Währungsarten, ohne dabei eine strikte Ausschließlichkeit oder rigide Systematik vorgeben zu wollen:
Währungen, die geographisch an eine Region gebunden sind und typischerweise für die Förderung der lokalen Wirtschaft herausgegeben werden.
Oftmals auch Prämiensysteme genannt, mit denen Kundentreue belohnt wird und die nur beim herausgebenden Unternehmen und einer bestimmten Gruppe von Unternehmen eingelöst werden können. Im engeren Sinne spricht man hierbei erst von einer Währung, wenn die Prämien übertragbar sind und von mehr als einem Unternehmen als Zahlungsmittel akzeptiert werden.
Im Deutschen bezeichnet „Barter“ die Abrechnung von erbrachten Gütern und Dienstleistungen in einem Unternehmensnetzwerk mit eHilfe einer business-to-business (b2b) Währung, obwohl das Wort im Englischen Tauschhandel, also z.B. Ware gegen Ware bedeutet. Die Abrechnung erfolgt dabei typischerweise durch die Gewährung gegenseitigen Kredite (im Englischen als „mutual credit“ bekannt).
Währungstechnisch davon grundlegend verschieden – aber in der Zielsetzung sehr ähnlich – gibt die WIR Bank in der Schweiz seit über 80 Jahren eine Währung für Unternehmen heraus: den WIR Franken, der von über 40.000 Unternehmen in der ganzen Schweiz akzeptiert wird.
Als parallele Währungen im engeren Sinne werden Komplementärwährungen bezeichnet, die den gleichen Währungsraum wie eine nationale Währung abdecken und von öffentlichen Einrichtungen zumindest akzeptiert, aber oftmals sogar herausgegeben werden. Dies beinhaltet Fälle in denen eine fremde Währung weitläufig akzeptiert wird, wie z.B. der Dollar in Ecuador, oder eine zweite staatliche Währung eingeführt wird, wie es in letzter Zeit oft im Bezug auf Griechenland als Alternative zum „Grexit“ diskutiert wurde.
Diese zwei Begriffe umfassen eine Vielzahl von oftmals sehr kleinen und typischerweise informellen und an sozialem Austausch orientierten Währungen, die in verschiedenen Sprachen ganz unterschiedliche Namen tragen. Tauschringe in den deutschsprachigen Länder ähneln dabei oft den LETS (local exchange trading systems) Währungen im Englischen Sprachraum, während andere, die allein auf Stundenbasis abrechnen, anderswo eher als Zeitbanken bezeichnet werden. Im Deutschland gibt es damit verwandt noch Seniorengenossenschaften und Pflegewährungen.
Da viele dieser Währungen gegen nationale Währung gekauft und gehandelt werden können, werden sie oft zusammen betrachtet. Virtuelle Währungen werden in virtuellen Welten oder online Spielen verwendet, während die so genannten Krypto-Währungen den Anspruch haben, überall als Zahlungsmittel einsetzbar zu sein. Die berühmteste und am weitläufigsten verwendbare Währung ist dabei Bitcoin. Der Begriff „Crypto“, zu deutsch „Verschlüsselungstechnik“, bezeichnet dabei jedoch nur einen Aspekt der zugrundeliegenden Informationstechnologie, die auch als Blockchain Technologie bekannt ist.
Dieser Begriff umfasst eine Vielyahl von Währungen und Währungsentwürfen, denen ein Bezug auf Energie als universelle Werteinheit oder Wertgrundlage gemein ist. Dabei ist Energie bisweilen der Bewertungsmaßstab, oder in anderen Fällen die Deckung oder die Wertgrundlage der Währung. Dieser Ansatz ist für viele nachhaltigkeitsorientierte Befürworter faszinierend, aber die Anzahl an momentan umlaufenden Energiewährungen ist noch gering.
Diese Übersicht der genannten, verschiedenen Komplementärwährungen erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Tatsächlich gibt es viele teilweise konkurrierende Typologien in diesem Bereich, die alle ihre eigenen Vorzüge haben. Deshalb beobachten wir hier eine stets wachsende Zahl an neuen Konzepten und Projekten wie z.B. Reputationswährungen, Umweltwährungen, Bildungswährungen und Investitionsgutscheinen.
Die Idee private Banken ihre eigenen, unabhängigen Währungen herausgeben zu lassen, hatte es in manchen Teilen der Welt nicht nur in den „ökonomischen Mainstream“ sondern , vor allem im 19. Jahrhundert, auch in die Umsetzung geschafft. Meist wird diese Idee nur im Zusammenhang heterodoxer, libertärer Wirtschaftstheorie behandelt, aber im Sinne einer Währungsvielfalt, stellen die Währungen der einzelnen Bank natürlich auch eine Form von komplementären Währungen dar.