Ob wir Wirtschaftswachstum wollen oder nicht, können wir uns nicht aussuchen – unser kapitalistisches Geld- und Wirtschaftssystem muss mindestens in Höhe des Zinsniveaus wachsen um stabil zu bleiben. Die damit einher gehenden stetigen Zinseinkünfte der „Nettozinsgewinner“ sind nicht nur dafür verantwortlich, dass diese immer vermögender werden, sondern erzeugen einen Wachstumszwang, der alternativlos erscheint.
Werden die Zinseinkünfte nicht unmittelbar und vollständig verkonsumiert, sondern wiederum zinsbringend angelegt (was besonders bei größeren Vermögen die Regel ist), setzt die mächtige Zinseszins-Dynamik ein; und eine daraus entstehende „Wachstumsspirale“. Mit den stetig anwachsenden Geldvermögen wachsen auch die Zins- und Renditeforderungen, die diese Vermögen erwirtschaften sollen. Um diese zu begleichen braucht es wiederum zusätzliche Wertschöpfung – sprich: Wirtschaftswachstum.
Wachstumstreiber Zins: Bei 3,5 % verdoppeln sich die Geldvermögen alle 20 Jahre; bei 7 % alle 10 Jahre. Werden die Zinseinkünfte nicht konsumiert, entstehen immer höhere Zinsforderungen, die zu erwirtschaften sind.
Reichen die Umsätze bzw. das Wachstum dafür nicht aus, resultieren Umverteilung oder zusätzliche Verschuldung: So werden Sachvermögen veräußert, werden öffentliche Güter privatisiert, oder wird bei Insolvenzen in das als Sicherheit hinterlegte Eigentum vollstreckt. Denn „Zinsen müssen bezahlt werden.“ Viele Staaten sind dazu übergegangen, die wachsenden Zinsforderungen durch Aufnahme zusätzlicher, ebenfalls verzinslicher Kredite zu bezahlen (Verschuldungsspirale), in der Hoffnung diese Last durch zukünftiges Wachstum wieder loszuwerden.
Der Wachstums- und Renditezwang drückt auch auf die Arbeitseinkommen. In einer nicht (mehr) wachsenden Wirtschaft beanspruchen die steigenden Zinslasten einen immer größeren Anteil am unternehmerischen Umsatz bzw. am Bruttoinlandsprodukt – auf Kosten des Anteils der Arbeitseinkommen. Dadurch sinkt wiederum die Kaufkraft und mit ihr die unternehmerischen Profit- und Wachstumsaussichten, was einen größeren Risikoaufschlag für weitere Kredite nach sich zieht.
Diesem Problemkomplex glaubt die Politik nur zu entkommen, wenn fortwährendes Wirtschaftswachstum Teil der Wirtschaftspolitik ist. Daher bemüht sich die Politik mit „Wachstumspaketen“ und „Wachstumsförderung“ immer wieder, die Wirtschaft auf einen Wachstumskurs mindestens in Höhe des Zinssatzes zu bringen. Allerdings beansprucht eine ständig wachsende Wirtschaft auch die natürlichen Lebensgrundlagen in zunehmendem Maße, da eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch nicht wie erhofft möglich scheint.
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