Anlässlich der zunehmend unberechenbaren Krisen insbesondere seit der 2. Trump-Administration ist die wichtige Frage, ob und wie die EU unabhängiger z.B. von US-amerikanischen Zahlungssystemen werden kann. Wegen der europäischen monetären Souveränität ist das EZB-Projekt Digitaler Euro enorm viel wichtiger geworden. Monneta unterstützt die Leitlinien für den Digitalen Euro, die bei der Bürgerbewegung Finanzwende veröffentlicht wurden und deren Weiterentwicklung.

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Erstes Europäisches Treffen für komplementäre Lokalwährungen in Bordeaux

27.–28. Oktober 2025 | Athénée Municipal, Bordeaux (Frankreich)

Im Vorfeld des Global Social and Solidarity Economy Forum (GSEF, 29.–31. Oktober 2025) findet erstmals ein europaweites Treffen komplementärer Lokalwährungen statt. Zwei Tage lang kommen Vertreterinnen von Lokalwährungen, kommunale Entscheidungsträger, Akteurinnen der Sozial- und Solidarwirtschaft sowie Interessierte aus ganz Europa zusammen, um Erfahrungen auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsame Perspektiven zu entwickeln.

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Am Donnerstag, den 04. September 2025 freuen wir uns, Dr. Carola Westermeier von 19 bis 20:30 Uhr zu einem online-Vortrag mit anschließendem Austausch zu begrüßen!

Anlässlich der zunehmend unberechenbaren Krisen insbesondere seit der 2. Trump-Administration ist die wichtige Frage, ob und wie die EU unabhängiger z.B. von US-amerikanischen Zahlungssystemen werden kann. Unter anderem deshalb lädt monneta Carola Westermeier ein, die eine ausgewiesene Expertin zum Digitalen Euro ist. Sie leitet die Forschungsgruppe „Technologie und Souveränität“ am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und gibt in ihrem Vortrag Einblicke in den Stand der Entwicklungen und deren geopolitische Bedeutung.weiterlesen

 

Der Berliner Sommer bringt wie immer viele Menschen zusammen. Dieses Jahr, Ende Juni, galt dies sogar für eine größere Zahl an Geldreform Experten – mehr als im deutschsprachigen Raum seit dem Beginn der Corona-Krise und der Tagung „Der nächste Crash als Chance“ (07.02.2020) auf einer Bühne zu finden waren.

Ermöglicht wurde dies von dem unermüdlichen Engagement vor allem von drei Organisatoren, Renate Börger, Simon Sonnenberg und Michael Bader und ihrem Talent, sperrige und komplexe Inhalte sowohl publikumswirksam aufzubereiten als auch Interessierte aus Netzwerken einzuladen, die sich bislang noch nicht hauptsächlich mit den verschiedenen Geldreformansätzen auseinandergesetzt hatten.

Den Vorlauf zu diesem “Geldsymposium”, das am 27. & 28. Juni 2025 in den schönen Räumen des Treptower Rathauses stattfand, bildete die “Geldmatrix”: ein übersichtliche Zusammenstellung von acht Reform-Ideen und Analyse-Ansätze, von Vollgeld über MMT bis zu Regiogeld. Dafür hatten sie die Haupt-Vertreter von acht Ideen dazu gebracht, ihre Positionen und Vorschläge anhand eines Fragebogens zu erläutern und vergleichbar zu machen. Parallel dazu erstellte Videos, Wort- und Ton-Beiträge die jeweils über Soziale Netzwerken verbreitet wurden, erreichten ein breites Publikum u.a. weil sie auch über die Community und den Newsletter von monneta verbreitet wurden.

Auf dem Podium (von links): Samira Kenawi, Christian Gelleri, Josef Huber, Maximilian Runge-Segelhorst. Christian Felber, Norbert Bernhold. Nicht zu sehen: Michael Bader, Renate Börger und Moderator Simon Sonnenberg.

Zum vorläufig krönenden Abschluss kamen dann fast alle der befragten Idee-Träger zum Symposium in Berlin zusammen, um in einem vollbesetzten Saal zwei volle Tage lang Rede und Antwort zu stehen. Einer der Experten, Christian Felber aus Österreich, der auch seinen Ansatz von “Geld als öffentliches Gut” vertrat, moderierte am letzten Tag noch einen ambitionierten Prozess, der noch einen Schritt weiter gehen sollte. In der Form des von ihm entwickelten “Demokratischen Konvents” sollten die Gemeinsamkeiten aller repräsentieren Standpunkte zu einer gemeinsamen Position zusammengebracht werden – als Vorgeschmack dafür, wie ein politischer aber bevölkerungsnaher Partizipationsprozess zur Reform des heutigen Geld- und Finanzsystems aussehen könnte.

Die anderen Ideenträger an diesen zwei Tagen waren Samira Kenawi (Warengeld), Michael Bader (Achberger Schule), Norbert Bernhold (Solidarisches Geld), Joseph Huber (Vollgeld), Maximilian Runge-Segelhorst (Modern Monetary Theory) und Christan Gelleri (Regionalgeld). NIcht dabei sein konnte Aaron Sahr (Politisierte Geldschöpfung), seine Ideen und Beschreibungen wurden aber mehrfach von den anderen Teilnehmern angeführt.

Es war nicht nur beeindruckend zu beobachten, wie so vielen eigenständigen Gedanken zum Thema Geld an diesem Wochenende Raum und Zeit eingeräumt wurden, sondern auch wie ausdauernd und bemüht Vortragende und Publikum aufeinander eingingen. Die Bemühungen um einen gemeinsamen Standpunkt am letzten Tag fühlten sich ebenso aufrichtig an. Nur schien am Ende leider doch die benötigte Zeit zu fehlen, um überhaupt alle Standpunkte ausführlich zu beleuchten, Widersprüche aufzudecken und gemeinsame Vorschläge genau zu formulieren.

Die Veranstaltung war ausverkauft, der große Saal im Treptower Rathaus gut gefüllt.

Wie schwierig ein solches Unterfangen ist, hatten monneta und einige andere der vertretenen Reform-Schulen bereits in den Pandemie-Jahren erfahren, als das “Forum Geldwende” genau solche Gemeinsamkeiten in einem, viele Monate dauernden, partizipativen Prozess suchte. Die 10 gemeinsamen Forderungen (nachzulesen hier), die am 30.04.2021 zum GLS-Geldgipfel veröffentlicht wurden, sind auch heute noch gültig und schienen bereits den kleinsten gemeinsamen Nenner zu umreißen. Sich innerhalb eines Nachmittages auf eine komplette neue Geldordnung zu verständigen, konnte also nur eine Übung sein, um das Vorgehen des Systemischen Konsensierens kennenzulernen und aufzuzeigen, wie wichtig genaues Zuhören beim Thema Geld ist und auch in Zukunft sein wird. An der genauen Definition selbst der grundlegendsten Begrifflichkeiten wird man dann schließlich auch nicht vorbei kommen. Möglicherweise kann man aber an den Ergebnissen des „Forum Geldwende“ anknüpfen.

Die Schwierigkeit liegt dabei natürlich auch in der Vielfältigkeit der Blickwinkel, von denen es bei einem so umfassenden Thema wie Geld und Wirtschaft natürlich einige gibt. Anders als bei monneta, wo monetäre Diversität eine Hauptzielrichtung aller Bemühungen ist, wurde dem Wert der Vielfalt am Ende des Symposiums leider wenig Platz eingeräumt. Dies liegt wohl grundsätzlich auch daran, dass sowohl Veranstalter als auch viele der Teilnehmer mit einem monolithischen Geldbegriff zu operieren schienen. Grob gesagt lässt sich dieser in der Annahme zusammenfassen, dass es nur ein Geld geben kann oder darf. Folglich ging der Diskurs dann auch darum, was dieses “richtige” Geld sei, wie es zu schöpfen und zu verteilen sei.

Christian Felber beim Moderieren des “Demokratischen Geldkonvents”: Dies was eine Demonstration des Systemischen Konsensieren als partizipatives Vorgehen bei Fragen, zu denen Abstimmungen und Mehrheitsentscheide keine befriedigende Lösung bieten.

Kaum nahm es dann Wunder, dass das Regiogeld, als eine der einfachsten Formen monetärer Vielfalt, in der Zusammenfassung der Veranstaltung vonseiten der Organisatoren nicht mehr erwähnt wurde (nachzulesen hier). Andere Währungsreformen wurden gar nicht erfasst oder pauschal verurteilt, zum Beispiel unter dem nicht weiter ausgeführten Schlagwort “Krypto”. Auch da wird in Zukunft viel mehr Zuhören nötig sein.

Nichtsdestotrotz ist es erfrischend zu sehen, dass wieder mit viel Elan und Hintergrundwissen an neuen und breiten Allianzen gewoben wird. Die Betreiber der Plattform “Geld der Zukunft”, aus der heraus auch das Geldsymposium entstand, möchten sich als nächstes in eine Bildungsinitiative und Denkfabrik weiter entwickeln. Der vorgesehenen Name “MoneyWatch” ist ähnlich wie der unsere Partner-Organisation “Finance Watch” in Brüssel – nur dass es dabei nicht nur darum gehen soll, was mit Geld gemacht wird, sondern auch darum, wie Geld gemacht wird. Den Dialog zwischen den verschiedenen Denkschulen weiter zu pflegen, ist eines der ausgemachten Ziele – ebenso wie ein weiteres Geldsymposium zu veranstalten. Wir hoffen, dass dann auch monetärer Diversität mehr Platz eingeräumt wird und der Geldbegriff nicht auf eine nationale oder europäische Währung reduziert bleibt (wie die Begriffe offener und anschlussfähiger verwendet werden können, demonstriert monneta, zum Beispiel hier). Wir werden den Veranstaltern eng verbunden bleiben und hoffen, dass im kommenden Jahr wieder ein Geldsymposium stattfindet.

Webseite der Veranstalter, mit Geldmatrix:
https://www.geld-der-zukunft.org

 

Will Ruddick von und über „Grassroots Economics“: In seinem neuen Buch beschreibt Will Ruddick verschiedene Formen der Ressourcenkoordination.

Hinweis: Die Präsentation ist auf Englsich, die Untertitel des Videos wurden automatisch generiert. Eine Zusammenfgassung auf Deutsch findet sich hier in unseren Experten-Beiträgen

Sein Field Guide (als PDF hier frei zugänglich) beginnt mit einem Blick darauf, wie soziale Systeme sich wie Pilznetzwerke (Myzelien) natürlich mit ihren Ressourcen koordinieren – auf eine symbiotische und resiliente Weise. Ruddick erforschte beispielsweise in Kenia, wie sogenannte „Pools of Commitments“ Geld ersetzen oder ergänzen können, indem sie Menschen mit einem gemeinsames Ziel vereinen. Er erkennt, dass jeder von uns Potentiale für Wohlstand in sich trägt, die sich jedoch erst in einem gemeinsamen Pool – einem offenen Raum, der auf Wechselseitigkeit und Vertrauen basiert – wirklich entfalten. Sein Buch soll keine Antwort sein, sondern eine Einladung – eine Einladung, neue (und alte) Wege der Ressourcenkoordination zu entdecken, Vertrauen wiederherzustellen und Wirtschaftssysteme zu schaffen, die dem Wohl aller dienen.

Wir haben am 29. April 2025 mit ihm unter anderem folgende Fragen diskutiert:

  • Wie hat sich sein Denken seit der Einführung der Community-Währung Bangla Pesa hin zur Umsetzung von Commitment Pools weiterentwickelt?
  • Welche Rolle spielen Protokolle? Und können sie über digitale Ledger-Systeme geteilt werden?
  • Welche Erkenntnisse können Gemeinschaften aus der Arbeit von Grassroots Economics gewinnen?

Hinweis: Die Präsentation ist auf Englsich, die Untertitel des Videos wurden automatisch generiert. Eine Zusammenfassung auf Deutsch findet sich hier in unseren Experten-Beiträgen

Hinweis: Die Untertitel wurden automatisch generiert und nicht korrekturgelesen.

Werner Onken: Grundrisse einer Marktwirtschaft ohne Kapitalismus
50 Fragen und Antworten

ISBN: 978-3-98726-174-9
Softcover, 108 Seiten
Erscheinungstermin: 05.06.2025

Kann es eine Marktwirtschaft auch ohne Kapitalismus geben? In 50 präzise formulierten Fragen und Antworten entwirft Werner Onken in seinem Buch „Grundrisse einer Marktwirtschaft ohne Kapitalismus“ eine fundierte Realutopie: eine Marktwirtschaft, die ohne Akkumulation und Konzentration von Kapital auskommt und stattdessen auf Dezentralisierung, Gemeinwohl und ökologische Verantwortung setzt.

Ausgehend von den blinden Flecken klassischer, neoklassischer und marxistischer Theorien erklärt Onken, was hinter der strukturellen Macht des Geldes steckt, warum Boden und natürliche Ressourcen nicht länger als Privatbesitz behandelt werden sollten und wie Unternehmen gerechter organisiert sein könnten.

Mit ideengeschichtlicher Tiefe und politischer Klarheit schlägt er einen evolutionären Weg zu einer gerechten, demokratisch verankerten und ökologisch tragfähigen Wirtschaftsordnung vor. Seine »Marktwirtschaft ohne Kapitalismus« enthält eine mutige Zukunftsperspektive – und lädt auch ein zum Weiterdenken – jenseits von Marktverklärung, Staatszentralismus und autoritärem Rückzug.

Erschienen ist das Buch im oekom Verlag.

 

Über Werner Onken

Werner Onken, Jahrgang 1953, ist Diplomökonom, Redakteur der »Zeitschrift für Sozialökonomie« und Verwalter des »Archivs für Geld- und Bodenreform«. Er war viele Jahre Mitorganisator der »Ringvorlesung zur Postwachstumsökonomie« an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Die Fairconomy-Herbsttagung bietet auch 2025 wieder Raum für Austausch, neue Perspektiven und gemeinsames Nachdenken über zukunftsfähiges Wirtschaften. Engagierte Menschen aus verschiedenen Bereichen kommen zusammen, um Impulse zu erhalten und gemeinsam Ideen für eine faire, nachhaltige Geld- und Wirtschaftsordnung weiterzuentwickeln.

Die Themen und das Anmeldeformular werden in Kürze veröffentlicht.

📍 Silvio-Gesell-Tagungsstätte, Wuppertal
🗓️ 10.–12. Oktober 2025

👉 Jetzt Termin vormerken – alle Infos bald hier auf der Website!

Doku-Hörspiel: Was ist eigentlich Geld?

Fragen wir es doch einfach persönlich, denn in diesem Hörspiel kann Geld sprechen – und das Reden führt „Geld“ direkt in eine Identitätskrise. Hat Geld sich möglicherweise missverstanden? Und wir es auch?

Ein Transkript des Doku-Hörspiels wird auf der Website des Forums Seitenstetten zur Verfügung gestellt.

Mehr Informationen findest Du in unserer Infothek.

 

Will Ruddick war schon seit vielen Jahren ein Star in der eingeschworenen Gruppe von Komplementärwährungs-Enthusiasten weltweit. Schon 2008 war er für eine Freiwilligen-Dienst nach Kenia gezogen – und dort geblieben mit der Hoffnung Wirtschaft und Gemeinschaft neu denken zu können wo es am meisten gebraucht wird. Seine frühen Währungs-Experimenten wie der Eco-Pesa (2010), die noch von nationaler Währung gedeckt waren (ähnlich wie viele deutsche Regionalgelder) führten ihn 2013 dazu eine Währung in einem sehr benachteiligten Stadtteil von Mombasa (Kenia) zu lancieren. Dieses Projekt machte Schlagzeilen, kaum dass es gestartet hatte. Der “Bangla-Pesa” hatte nichts mit der nationalen Währung (Kenianische Schillinge) zu tun. Und trotzdem (oder vielleicht auch deswegen) fand sich Ruddick mit mehreren Mitarbeitern plötzlich in einem dunklen Gefängnis wieder. Der lokalen Polizei war es offensichtlich unheimlich gewesen zu beobachten, wie eine andere Organisation als die Zentralbank eine Währung herausbrachte. Just zu der Zeit hätte Ruddick mit mehreren Kollegen auch aus dem Monneta-Netzwerk für einen Vortrag auf einer internationalen Konferenz in Den Haag sein sollen. Sein Fehlen dort transportierte die Nachricht von dem plötzlich überall bekannten Währungsexperiment wohl schneller in die Welt, als es sein Vortrag geschafft hätte.

Die rechtlichen Angriffe waren schnell beigelegt und selbst Regierungsangehörige in Kenia stellten sich bald auf Wills Seite und unterstützten die Idee einen von innen heraus generierten Art der Entwicklungshilfe. In den kommenden Jahren wurde der Bangla-Pesa vielfach repliziert und Methoden, Währungs-Design und Management wurden durch das Sarafu-Netzwerk weiterentwickelt und verbreitet. Gleichzeitig gab es auch erste Versuche, die zunächst nur als Papiergeld herausgegebene Währung online zu bringen. Mit M-Pesa, einem Bezahlsystem großer Mobilfunkanbieter, waren die meisten Menschen in Ostafrika bereits an private Zahlungsdienstleister gewöhnt. Und anfängliche polizeilichen Anfeindungen legte es nahe, die Versprechen der Blockchain-Technologie auf ihren praktischen Nutzen zu überprüfen. Auch in Sachen technologischer Entwicklung, Bereitstellung von anonymisierten Daten für Forschungszwecke und publikumswirksamer Verbreitung der Ideen neuer Währungssysteme war Ruddick seitdem führend.

Nun, circa zehn Jahre später, wenn man ihn über sein Werk reden hört, wie bei der Vorstellung seines jüngst erschienen Buches “Grassroot Economics Reflections and Practice” (als PDF hier frei zugänglich), kann es ein wenig Zeit und Aufmerksamkeit brauchen, um in seinen Beschreibungen den Anschluss an seine bisher erwähnten Leistungen zu finden.
Mit der Art, in der er heute seine Arbeit und seine Ideen beschreibt, machte er einen weiten Bogen um die Begriffe “Geld” und “Währung”. Zu tief verwurzelt fand er die negativen Anklänge und die falschen Vermutungen, die seine Nutzung in Afrika mit diesen althergebrachten Worten verbanden. Statt Mühe darauf zu verwenden, die Begriffe neu zu besetzen und ihnen eine andere Bedeutung zu geben, im Konzeptionellen wie im Praktischen, verlagerte er seinen eigenen Sprachgebrauch lieber auf Konzepte, die ohnehin positiv besetzt sind, und vielleicht ebenso alt.

So ist der zentrale Begriff nun das “Commitment Pooling” – also sinngemäß das Zusammentragen von Zusagen, selbstgewählten Verpflichtungen. Und aufgrund dieser Verpflichtungen erlauben seine Systeme es, den einzelnen Kredit für die Leistungen anderer aufzunehmen. Auch wenn dieser Kredit schließlich in Form von elektronischen Einheiten verrechnet wird, wird man seine Beschreibung als Währung lange suchen müssen. Der Begriff, der dem in Ruddicks Beschreibungen noch am nächsten kommt, ist der des Gutscheins (Vouchers), der jeweils genau beschreibt, für welche zukünftige Leistung er von den Nutzern eingelöst werden kann. Damit in einer Vielzahl von unterschiedlichen Versprechungen die Vergleichbarkeit und Nutzbarkeit im Alltag nicht verloren geht, bleiben Konzepte wie die Definition eines Wert Maßstabes und auch die Preisfindung weiterhin Teil des Programms. Noch dazu besteht die Möglichkeit über Individuen, die in mehreren Gemeinschaften Verpflichtungen eingegangen sind, die Überlappung verschiedener Wertesysteme nutzbar zu machen. Eine Art weiter formalisierter “Leistungs-Deckung” mit Clearing-Funktion, wie sie auch von vielen Komplementärwähungs-Erfindern immer wieder angestrebt wird.

Das dieses Pooling in nunmehr fast 150 Gemeinschaften angewandt wird (live Daten und Demos auf Sarafu.network jederzeit abrufbar) und auch das Internationale Rote Kreuz Pilotprojekte Mit Will Ruddick durchgeführt hat, spricht dafür, dass die Begrifflichkeiten bei Nutzern weniger befremdlich klingen, als “Währungsexperten” meine würden. Ein Grund dafür, und das stellt Ruddick sowohl im Buch als auch im Vortrag eindrücklich dar, ist der Befund, dass überall auf der Welt entsprechende Praktiken historisch bekannt waren. Sogenannte “ROLAS” (rotating Labour Associations), oder “ROSCAS” (rotating saving and credit associations) sind in fast allen Kulturen bekannt. Ob die Verpflichtungen dabei in Arbeitsstunden (für Feldarbeit oder das Errichten einer Scheune) oder in nationaler Währung eingegangen wurden, spielt für das Prinzip keine Rolle. In Afrika schon gar nicht, wo diese Praktiken aus dem intergenerationellen Gedächtnis noch nicht verschwunden sind oder sogar noch praktiziert werden, vor allem im ländlichen Raum.

Und trotzdem nimmt es Wunder, dass es hier gelingt, diese alten Kulturpraktiken mit modernsten elektronischen Technologien zusammenzubringen. Ein Glücksgriff in diesem Zusammenhang, dass auch der IT-Mitarbeiter das Sarafu-Netzwerks bei der Buchvorstellung virtuell anwesend war und praktische Fragen aus dem Publikum beantworten konnte (von Minute 58 in der Aufzeichnung – hier in den Videos unserer Mediathek). Mittlerweile wird Ruddick auch international angefragt, um Gemeinschaften zu helfen, ihre Werte und Möglichkeiten wiederzuentdecken, auch an Orten wie Jackson (Mississippi) USA. So wird auch in Zukunft hoffentlich noch viel von Will Ruddick zu hören und zu sehen sein. Die Lektüre seines Buches ist die beste Möglichkeit, die Entwicklung nachzuvollziehen – und an den Beispielen aus seiner praktischen Arbeit und durch hilfreiche Tipps zu lernen. Für alle Interessierten mit weniger Zeit bietet die Videoaufzeichnung seiner Buchvorstellung bei monneta einen schnellen Überblick und persönlichen Eindruck von Will, seiner Arbeit und Ideen (123 Minuten, mit englischen Untertiteln).

Webseite von Grassroots Economics mit vielerlei Information und Updates hier.

Wann? 14. Mai 2025 | 17 Uhr
Wo? Senatssaal TAL007 (Gebäude Tallinn), Europa-Universität Flensburg

Geld steht im Zentrum des Kapitalismus und vieler unserer Nachhaltigkeitskrisen. Dieses Seminar differenziert diese mittlerweile weit verbreitete Erkenntnis, indem es argumentiert, dass nicht das Geld an sich, sondern seine Architektur – also seine innere Gestaltung und die damit verbundenen Steuerungsstrukturen – der Ursprung unserer vielfältigen zivilisatorischen Herausforderungen ist. Dazu zählen der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität ebenso wie die wachsende Ungleichheit und die Erosion der Demokratie. Die Geschichte zeigt jedoch, dass die innere Architektur des Geldes vielfältige Formen annehmen kann, die jeweils unterschiedliche soziale und ökonomische Dynamiken begünstigen. Aufbauend auf dieser Erkenntnis gestalten monetäre Unternehmer:innen – Basisinitiativen, Kommunen und radikale Krypto-Akteure – das Geld neu, um eine nachhaltige Zukunft zu fördern.

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