Das Geschäftsfeld »Finanzwirtschaft« beinhaltet Strategien und Maßnahmen zur Stärkung der kommunalen Wirtschaft und lebensunmittelbaren Versorgung. Es geht dabei um innovative Formen der Finanzierung. Besonders relevant erscheinen zudem neue Formen des Austausches von Waren und Dienstleistungen jenseits des Euro. Verschiedene Bespiele werden dafür in diesem Bericht ausgeführt. Sie tragen dazu bei, das regionale Wirtschaftssystem aus sich heraus zu stärken. Die Regionalgelder und Zeitbanken ergänzen den Euro als offizielles Zahlungsmittel. Wichtig für die Etablierung und den Bestand aller Initiativen in diesem Bereich ist das Vertrauen in das neue Konzept…

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Im Rahmen einer zweiteiligen Webseminarreihe möchten wir Ihnen Kommunen aus Deutschland und Europa vorstellen, die bereits jetzt die Herausforderungen und Chancen einer sich verändernden Umgebung angenommen und einen nachhaltigen Weg eingeschlagen haben.
Lernen Sie mit unserem Monneta Netzwerkexperten Christian Gelleri Strategien, Konzepte und Programme kommunaler Akteure aus ganz Europa kennen, vernetzen Sie sich und – schreiben Sie ab. Zur Nachahmung explizit empfohlen!

Die Veranstaltung bildet den zweiten Teil der Online-Seminarreihe zu den Themen „Mobilität und öffentliche Räume“ (Dienstag, 08.12.2020, 17-19 Uhr) und „Resiliente Kommune“. Im Anschluss an spannende Impulsvorträge haben Sie die Möglichkeit des persönlichen Austauschs mit den Referent_innen.

Programm und Anmeldungsinformationen zum herunterladen (PDF), Anmeldung bei

Am Donnerstag, den 19. November um 19 Uhr findet das nächste Webgesrpäch der Monetative e.V. statt. Dieses mal mit Prof. Dr. Klaus Kraemer, der angewandte Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz lehrt. Er befragte 2000 Menschen in Österreich über ihr Verständnis des Geldsystems und schrieb darüber folgende Abhandlung (auf englisch). Das Ergebnis kurz zusammengefasst: Die meisten Menschen wissen sehr wenig über das Geld, und viele glauben an längst überkommene Mythen wie die Deckung des Geldes durch Gold. Über diese Befragung wird er im Webgespräch berichten.

 

Der Anmeldelink folgt.

Wie entsteht Geld?

Diese einfache Frage stellt Carmen Losmann in ihrem Film ausschließlich Menschen (Männern), die es wissen müssten. Die Antworten sind so unterschiedlich, wie die Schocksekunden lang sind, bevor die Frage wirklich bei den „Experten“ ankommt. Aber ist das eine „einfache Frage“? Und gibt es eine „einfache Antwort“?

Auch wenn die Frage im Film nicht wirklich beantwortet wird, so ist nach dieser Lektion doch klar, dass sie gestellt werden muss, um das heutige Finanzsystem zu verstehen. Und darum geht es hier im Großen und im Kleinen. Was ist die Basis, auf der dieses System fußt? Was sind seine Gesetzte?

Die Aussagen der Bewohner der oberen Etagen der Türme im Frankfurter Bankenviertel werden konterkariert (und plastisch vorgeführt) durch ein Monopoly-Spiel, das die Kritikerin Samirah Kenawi mit Volkswirtschaftlern und Informatikern auf der Zeil in Frankfurt spielt.

Vorstellung mit Expertin
Das Kino Delphi Lux präsentiert am 27. Oktober um 17.30 Uhr den Film Oeconomia mit der Wissenschaftsjournalistin Kathrin Latsch  (Geschäftsführerin von monneta) und Klaus Karwat (Monetative e.V.). Latsch und Karwat geben zunächst eine kurze Einführung und diskutieren nach der Vorstellung zusammen mit den Zuschauern über den Film.

Wie entsteht Geld?

Diese einfache Frage stellt Carmen Losmann in ihrem Film ausschließlich Menschen (Männern), die es wissen müssten. Die Antworten sind so unterschiedlich, wie die Schocksekunden lang sind, bevor die Frage wirklich bei den „Experten“ ankommt. Aber ist das eine „einfache Frage“? Und gibt es eine „einfache Antwort“?

Auch wenn die Frage im Film nicht wirklich beantwortet wird, so ist nach dieser Lektion doch klar, dass sie gestellt werden muss, um das heutige Finanzsystem zu verstehen. Und darum geht es hier im Großen und im Kleinen. Was ist die Basis, auf der dieses System fußt? Was sind seine Gesetzte?

Die Aussagen der Bewohner der oberen Etagen der Türme im Frankfurter Bankenviertel werden konterkariert (und plastisch vorgeführt) durch ein Monopoly-Spiel, das die Kritikerin Samirah Kenawi mit Volkswirtschaftlern und Informatikern auf der Zeil in Frankfurt spielt.

Vorstellung mit Expertin
In Kooperation mit monneta präsentiert das Abaton Kino in Hamburg am 15. Oktober um 17.15 Uhr den Film mit der Wissenschaftsjournalistin Kathrin Latsch, Geschäftsführerin von monneta.

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In dieser Ausgabe der Webgespräche orgnisiert durch die Monetative Deutschland ist Miguel F. Ordonez zu Gast, der früheren Präsidenten der spanischen Zentralbank – also wieder mit einem echten Insider. Thema ist „The public digital money revolution CBDC“.

Mehr Information und Anmeldung hier. Das Gespräch findet diesmal auf englisch statt.

Die Sardex-Währung wurde als Reaktion auf den wirtschaftlichen Niedergang der italienischen Insel Sardinien nach der letzten Finanzkrise ins Leben gerufen.1 Im Jahr 2010 gründeten vier junge Unternehmer mit wenig Hintergrund und Erfahrung im Finanz- oder Geschäftswesen die Initiative als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Sardex s.r.l.), um die Zusammenarbeit und Netzwerkeffekte zum Nutzen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) auf der Insel zu fördern2. Sardex ließ sich von anderen komplementären Währungsinitiativen inspirieren, und seine Gründer beteiligten sich aktiv am Business-to-Business-Handel3 und gehörten auch zu den wenigen geschäftsorientierten Währungsinitiativen, die in der Forschungsgemeinschaft für Gemeinschaftswährungen gut aufgenommen wurden4. Nach Jahren erhöhter Investitionen und schnellen Wachstums, das dem Unternehmen im Jahr 2017 sogar einen Platz unter den „Europe 1000“ der Financial Times einbrachte5, wurde Sardex 2016 in eine Aktiengesellschaft (Sardex Spa) mit über 50 Mitarbeitern umgewandelt6.

 

Ziele

Das Hauptziel der Initiative bestand darin, durch die Unterstützung lokaler Unternehmen Beschäftigungsmöglichkeiten in der lokalen Wirtschaft Sardiniens zu schaffen und ein vitales Unternehmen zu gründen7. Sekundäre Ziele waren die Schaffung einer kollaborativen Wirtschaft als Alternative zur vorherrschenden wettbewerbsorientierten Marktideologie8 durch die Verbindung und Unterstützung lokaler Wirtschaftsakteure9. Dies sollte unabhängig von der Verfügbarkeit konventioneller Finanzdienstleistungen und Liquidität mit einem monetären Instrument, der Sardex-Währung, ermöglicht werden, das auf Vertrauen basiert und die Wirtschaft sowie die soziale Nachhaltigkeit fördert10

Wie funktioniert der Sardex?

Durch die Teilnahme am Sardex-Netzwerk erhalten Unternehmen eine Kreditlinie in Komplementärwährung, die für den Kauf von Waren und Dienstleistungen innerhalb des Netzwerks genutzt werden kann. Die Kredite lauten auf Euro, können aber nicht in Euro umgetauscht oder mit Euro gekauft werden11. Die Transaktionen werden über eine Online-Banking-Webseite12 oder eine Mobiltelefonanwendung ausgeführt, die auch Kontoauszüge erstellt oder als POS-Zahlungsstation fungiert, die Zahlende und Zahlungsempfänger mit Hilfe von QR-Codes und der Handykamera identifiziert13. Für Offline-Zahlungen wird ein Scheckbuch zur Verfügung gestellt, um Zahlungen zu erfassen und einzureichen, die zu einem späteren Zeitpunkt gebucht werden. Für Steuer- und Buchhaltungszwecke werden alle Einnahmen in Sardex als gleichwertig mit Einnahmen in Euro deklariert. Im Jahr 2017 überstieg das Transaktionsvolumen von Sardex 212 Millionen Einheiten (gleicher Gegenwert in Euro)14.

Um den Handel zwischen den Mitgliedern zu erleichtern, bietet die Website ein Unternehmensregister und einen Werbebereich für Sonderangebote. Darüber hinaus wird vom Hauptsitz des Unternehmens in Serraman im Süden Sardiniens ein Maklerservice angeboten. Dieser bietet eine Orientierung während des individuellen Einführungsprozesses für neue Mitglieder und Unterstützung bei der Beschaffung und dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen innerhalb des Netzwerks15. Zu den weiteren Werbemitteln gehören gedruckte Broschüren, Flyer, ein Tür-Aufkleber um Unternehmen zu kennzeichnet, die Sardex als Zahlungsmittel akzeptieren (siehe Bild oben), sowie ein regelmäßiger Newsletter, in dem neue Mitglieder und Angebote des Netzwerks vorgestellt werden. Darüber hinaus veranstaltet Sardex Netzwerkveranstaltungen und Messen, um die Mitglieder miteinander in Kontakt zu bringen und ihre Teilnahme zu fördern16.

 

Organisation und Netzwerk

Die Nutzer des Sardex-Netzwerks sind alle auf der Insel Sardinien ansässig, keine Unternehmen von außerhalb können Konten im System eröffnen. Die Initiative unterscheidet zwischen Einzelhändlern, KMU, Großunternehmen sowie Einrichtungen des dritten und öffentlichen Sektors17. Für diese Gruppen wurden 2017 über 3800 Mitgliedskonten registriert18. Sardex ermöglicht es auch Einzelpersonen, Konten zu führen und Zahlungen in Sardex zu tätigen, gewährt ihnen aber keine Kreditlinien. Diesen Konten müssen Guthaben als Teil des Gehalts für Angestellte oder als Gewinnabschöpfung für Einzelhändler gutgeschrieben werden. Im Jahr 2017 waren über 2300 solcher Konten im Netzwerk registriert.

Auf der Website des Netzwerks wird eine Reihe von Partnerorganisationen genannt, von denen viele Geldgeber und Investoren in den verschiedenen Entwicklungsphasen des Unternehmens sind19⁠. Die Europäische Kommission ist unter ihnen aufgeführt, da Sardex Partner in einem Forschungs- und Entwicklungskonsortium des von der EU kofinanzierten Projekts Digipay4Growth war20⁠. Die Regionalregierung von Sardinien war ein weiterer Partner in diesem Projekt, wodurch die gemeinsamen Entwicklungsmöglichkeiten beider Organisationen weiter ausgebaut wurden. Zu den internationalen Partnern des Konsortiums gehörten lokale Behörden und Währungsinitiativen aus dem Vereinigten Königreich, Österreich, Spanien und den Niederlanden, was Sardex die Möglichkeit zum Wissenstransfer und zum gemeinsamen Lernen über verschiedene Währungsmodelle und Implementierungen hinweg bot21. Sardex ist auch Mitglied der International Reciprocal Trade Association (IRTA), einer Organisation, die über 100 Business-to-Business-Währungsunternehmen vor allem in den USA vertritt 22.

Auf nationaler Ebene hat Sardex in elf Regionen des italienischen Festlands Währungsinitiativen initiiert. Die Währungsinitiativen werden in Zusammenarbeit zwischen der Sardex S.p.a. und lokalen Partnern ins Leben gerufen und sind in deren Besitz. Diese angeschlossenen Systeme bauen auf der Technologie und dem geistigen Eigentum auf, die für das sardische System entwickelt wurden, und unterliegen denselben ethischen Ansprüchen23. Der Handel zwischen den Mitgliedern des gesamten nationalen Netzwerks ist möglich. Falls diese überregionale Nutzung der Währung(en) zunimmt, könnten künftige Analysen der Sardex-Währungsinitiative eher auf der Ebene der gesamten Gruppe als auf der Ebene des regionalen Netzwerks relevant werden.

Die Sardex-Initiative profitiert außerdem von der engen Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, wie Paolo Dini (LSE) und Laura Sartori (Universita di Bologna), und den Medien24. Aufgrund ihres Erfolgs und Wachstums in den ersten sieben Jahren ihres Bestehens und ihres innovativen Ansatzes zur Linderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Finanzkrise fand die Initiative großen Anklang in den nationalen und internationalen Medien, selbst in der Finanzpresse und bei Finanz- und Innovationspreisen25.

Die Initiative führt auch die italienische Bank „Banca Etica“ unter ihren Partnerorganisationen auf. Diese Bank ist die einzige Geschäftsbank in Italien, die sich voll und ganz ethischen Anlageoptionen verschrieben hat26. Mit ihr wurde eine Vereinbarung getroffen, durch die Sardex-Mitgliedern Vorzugskonditionen bei ihren Bankdienstleistungen gewährt wird27⁠. Da Sardex-Einhaiten nicht gegen Euros gehandelt werden können, fällt ihre Emmission in die technische Kategorie der „Closed-Loop-Zahlungssysteme“ und ist in den Ländern der EU und den USA im Allgemeinen nicht durch die Finanzaufsichtsbehörden reguliert28⁠. Die gehandelten Einheiten werden von den Finanzaufsichtsbehörden weder als „Geld“ noch als „Wertpapier“ angesehen, und die Betreiber der Initiativen gelten nicht als Emittenten, sondern als buchführende Dritte. Haftung und Steuerpflichten bei der Nutzung solcher Systeme bleibt bei den teilnehmenden Unternehmen29.

 

Die technischen Einzelheiten

Die geldpolitischen Regeln des Sardex spiegeln den in der Komplementärwährungsliteratur als „mutual credit“ bekannten Ausgabemechanismus wider30. Die Nutzer beginnen mit einem Nullsaldo auf ihren Konten, erhalten aber ein Kreditlimit, bis zu dem sie ihr Konto ins Minus bringen können, ähnlich wie bei Überziehungskrediten auf konventionellen Bankkonten, wobei jedoch keine Zinsen für Negativsalden berechnet werden. Wenn sie bei Sardex einen Einkauf tätigen, wird ihr Konto mit dem Kaufbetrag belastet. Umgekehrt erhalten sie bei einem Verkauf eine Gutschrift auf ihr Konto. Da es sich bei den Transaktionen immer um Bewegungen zweier Mitgliederkonten handelt, von denen eines mit dem gleichen Betrag belastet und das andere mit diesem Betrag gutgeschrieben wird, ist die Gesamtsumme aller Salden immer gleich Null. Es gibt kein zentrales Konto des Betreibers des Systems, das an der Ausgabe von Währungen oder an Transaktionen beteiligt ist. In diesem Modell ergibt sich die maximale Menge der umlaufenden Währung deshalb rechnerisch aus der Summe der für alle Benutzerkonten festgelegten Kreditlimits.

Sardex veröffentlicht weder individuelle noch die aggregierten Kreditlimits, die es den Unternehmen im Netzwerk gewährt31 , aber einige allgemeine Regeln zur Bestimmung dieser Limits sind in Artikeln veröffentlicht worden, die von den Gründern des Systems mitverfasst wurden: Die Kreditlimits werden auf individueller Basis festgelegt, wenn ein neues Mitglied dem Netzwerk beitritt, und belaufen sich auf etwa 1% des Jahresumsatzes des Mitglieds. Im Gegensatz zu anderen „mutual credit“-Systemen arbeitet Sardex auch mit einer Höchstgrenze für positive Salden, die etwa 10% des Umsatzes des Mitglieds beträgt32⁠⁠. Auf seiner Website stellt Sardex eine „goldene Regel“ für den Handel innerhalb eines Netzwerks vor, an die sich die Mitglieder halten sollen: Sie sollen nur so viele Einheiten in Sardex ausgeben, wie sie in einem bestimmten Zeitraum voraussichtlich wieder einnehmen werden33⁠. Da für positive Salden keine Zinsen gezahlt werden, bringt der Verzicht auf Ausgaben keine Vorteile für die Mitglieder mit sich. Wird hingegen ein negativer Kontostand nicht innerhalb von 12 Monaten ausgeglichen, können Strafzahlungen in Euro fällig werden34, und Mitglieder, die sich nicht an diese Regeln halten, können rechtlich belangt werden35.

Diese Regeln ermutigen die Mitglieder, ihre Handelsaktivitäten in Sardex konstant und ihre Konten ausgeglichen zu halten, was wiederum dazu führt, dass die „Umlaufgeschwindigkeit“ der Währung – ein ökonometrischer Ausdruck für das Verhältnis zwischen dem Transaktionsvolumen und dem Gesamtbetrag der positiven Salden – deutlich höher ist als bei herkömmlichen Währungen (1,5 in Euro gegenüber 11,56 in Sardex im Jahr 2016)36.

Da die Sardex-Währung nominell an den Euro „gekoppelt“ ist, müssen die Preise(schilder) bei Verkäufen innerhalb des Netzes nicht geändert werden, allerdings sind spezielle Rabatte und Angebote üblich. Einkäufe im Wert von mehr als 1.000 Euro können teilweise in Sardex und teilweise in Euro bezahlt werden. Die Mehrwertsteuer und andere Steuern werden zum vollen Gegenwert in Euro fällig, was ein weiterer Grund dafür ist, warum ein Unternehmen Sardex nur begrenzt akzeptieren kann, da es weiterhin Einnahmen in Euro benötigt, um seinen steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen37.

Was die Regeln für die Leitung der Initiative und die Verwaltung des Netzes betrifft, so ist eine Reihe von Werten zu nennen, zu denen sie sich explizit bekennen. Dazu gehören Transparenz, Zusammenarbeit, Gegenseitigkeit und Vertrauen38. Einige dieser Werte scheinen mit der Natur eines gewinnorientierten Unternehmens in Konflikt zu stehen. So steht beispielsweise die Nichtveröffentlichung der Mitgliedschaftsbedingungen und der Heuristik für die Festlegung von Kreditlimits im Widerspruch zu Transparenz und symmetrischer Information. Die Eigentümerstruktur des Unternehmens wird jedoch in der Pressemappe auf der Sardex-Website offengelegt, wo auch ein umfassender „Verhaltenskodex“ zu finden ist39. Dieser legt die Grundsätze der internen Prozesse und der Beziehungen zu den Stakeholdern fest und kann als Prüfstein für die Selbstbeschreibung des Unternehmens als „Sozialunternehmen“ herangezogen werden 40.

 

(Dieser Artikel wurde aus der Dissertation von Dr. Leander Bindewald, Lancaster University 2018, wiederveröffentlicht)

 

Weitere Informationen und Aktualisierungen zu Sardex finden Sie auf der Website des Unternehmens: www.sardex.net

 

 

 

WIR GEMEINSAM ist ein Zeit-Tausch System, gegründet von monneta-Experten Tobias Plettenbacher in Österreich.

Hier die Beschreibung der Initiative von ihrer Webseite (www.wirgemeinsam.net):

Bei WIR GEMEINSAM geht es um den Aufbau nachhaltiger und sozialer Wirtschaftskreisläufe durch „soziales Tauschen“. Dienstleistungen oder Waren werden ohne Geld ausgetauscht, bei WIR GEMEINSAM dient Zeit als Währung.

„Social Barter“ ist eine Bewegung aus dem englischsprachigen Raum und bedeutet „SozialesTauschen“. Bei dieser Form des Tauschhandels werden Dienstleistungen oder Waren ohne Geld ausgetauscht. Stattdessen werden Gutschriften auf Konten mit virtuellen Verrechnungseinheiten verbucht, die wieder zur Bezahlung von Dienstleistungen oder Waren berechtigen.

Der Schwerpunkt liegt auf sozialen Zwecken und der Nachhaltigkeit (z.B. Aufbau regionaler Wirtschaftsnetzwerke). Es handelt sich um sog. komplementäre Währungssysteme, also neue Währungen, die von Menschen oder Unternehmen als Tauschmittel akzeptiert werden und die offizielle Währung um soziale Funktionen ergänzen, die diese nicht unterstützt.

Weltweit gibt es mittlerweile über 4.000 komplementärer Währungen, teils mit mehreren Millionen Mitgliedern (z.B. in Japan). Der Vorteil dieser Systeme ist, dass sich die Mitglieder gegenseitig zinsfreie Kredite gewähren können. Man kann damit Leistungen finanzieren, die mit Euro nicht finanzierbar wären, da entweder das Geld fehlt, niemand bereit wären, dafür Geld zu bezahlen, oder es sich um langfristige Investitionen handelt, die durch enorme Zinsen belastet wären. Komplementäre Währungen ermöglichen hingegen die zinsfreie Finanzierung nachhaltiger sozialer, ökologischer und ökonomischer Aufgaben.

Das 3 Säulen-Modell

Um eine klare Trennung zwischen wirtschaftlichen, sozialen und Vorsorgezielen zu erreichen, verfolgt WIR GEMEINSAM als Ziel die funktionelle Dreigliederung: Nachbarschaftshilfe, Regionalwirtschaft und Zeitvorsorge.

Diese Dreigliederung entspricht auch der gewohnten Trennung im Geldbereich

Nachbarschaftshilfe = Privatkonto

Regionalwirtschaft = Geschäftskonto

Zeitvorsorge = Sparbuch

Zeit als Währung

Das Besondere an WIR GEMEINSAM ist die Abrechnung über eine Zeitbank: Auf den Konten werden nicht Euro, sondern Zeit verbucht. Wer anderen 1 Stunde hilft, erhält eine Gutschrift von 1 h auf seinem Zeitkonto und kann damit wieder 1 Stunde Hilfe beziehen.

Dabei ist im Privatbereich jede Arbeit gleichwertig. Im Wirtschaftsnetz muss man hingegen Euro-Preise in Sozialzeit umrechnen (vorerst 10 € pro Stunde). Dieser Umrechnungskurs wird regelmäßig angepasst, damit der Wert einer Stunde nicht abnimmt (Inflationsausgleich).

WIR GEMEINSAM Stunden sind also eine „Währung“ im eigentlichen Sinn: Zeit währt dauerhaft. Wer heute 100 Stunden anspart, hat auch in 30 Jahren einen Anspruch auf 100 Stunden bzw. Waren und Leistungen mit konstantem Gegenwert. Zeit-Guthaben sind somit besonders inflations- und krisensicher.

Das Besondere an WIR GEMEINSAM ist die Abrechnung über die Zeitbank: Auf den Konten werden nicht Euro, sondern Zeit verbucht. Wer anderen 1 Stunde hilft, erhält eine Gutschrift von 1 Stunde auf seinem Zeitkonto und kann damit wieder 1 Stunde Hilfe beziehen.

Um eine klare Trennung zwischen wirtschaftlichen und sozialen Zielen zu erreichen, gliedert sich WIR GEMEINSAM derzeit in die WIR GEMEINSAM Nachbarschaftshilfe sowie die WIR GEMEINSAM Regionalwirtschaft. Mittelfristig ist auch die WIR GEMEINSAM ZEITVORSORGE für das Alter angedacht.

Im Privatbereich der Nachbarschaftshilfe ist jede Arbeit gleichwertig, in der Regionalwirtschaft werden Euro-Preise in Sozialzeit umgerechnet (vorerst 10 € pro Stunde), da wir uns ins bestehende System integrieren. Dieser Umrechnungskurs wird regelmäßig angepasst, damit der Wert einer Stunde nicht abnimmt (Inflationsausgleich).

WIR GEMEINSAM Stunden sind also eine „Währung“ im eigentlichen Sinn: Zeit währt dauerhaft. Wer heute 100 Stunden anspart, hat auch in 30 Jahren einen Anspruch auf 100 Stunden bzw. Waren und Leistungen mit konstantem Gegenwert.

Zeit-Guthaben sind somit besonders inflations- und krisensicher.

 

Mehr zu WIR GEMEINSAM auf ihere Webseite, zum direkten Download hier ein Flyer (PDF) und eine Kurzbeschreibung zur Gründung neuer regionaler Gruppen (PDF).

 

Wir haben sie miterlebt diese erstaunliche Zeitenwende. Plötzlich bewirkt ein Virus, dass Gesundheit sogar auf den Regierungsebenen wichtiger wird als die Wirtschaft. Plötzlich haben wir Zeit und sind allein in unseren vier Wänden mit der Frage: Was will ich mit meiner Zeit anstellen? Wie möchte ich sie am liebsten verbringen? Wenn die wirtschaftliche Unsicherheit nicht wäre, dann hätte das etwas Befreiendes. Ich kann über meine Zeit bestimmen. Keine Fahrten zur Arbeit im Berufsverkehr. Kein Zeitdruck durch den Terminkalender. Keine Anpassung an Arbeitsplatzkonventionen. Statt dessen wird der Freundeskreis und die Nachbarschaft wichtiger – wenn auch eingeschränkt durch die Distanz-Regeln. Wer kann Haare schneiden, wenn der Friseur zu hat? Wer pflegt die Kranken zuhause, wenn die Krankenhäuser überlastet sind und Besuche riskant? Wer hilft den älteren Menschen mit Einkäufen?

Die Coronakrise hat uns gelehrt, wie wichtig die Pflege als Grundlage unserer Gesellschaft ist. In Familien ist das meist so selbstverständlich, dass die Sorge für Kinder und deren Erziehung kaum als Arbeit angesehen wird. Eltern schenken ihren Kindern viel Zeit – ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Das kann man auch Schenk-Ökonomie nennen. In jedem Fall ist es eine Basis unserer Gesellschaft, die Anerkennung verdient, denn ohne diese geschenkte Zeit würde es keine Menschen geben, die wirtschaften. Statt dessen gehören die Eltern, die während des Corona-Shutdowns zu Hause gearbeitet haben, zu den am meisten Benachteiligten, denn sie waren mit der Kinderbetreuung „nebenbei“ allein und selbstverständlich überfordert. Ihre Erfahrungen zeigen: „Home Office“ und „Home Schooling“ gehen nicht gleichzeitig. Wieviel Glück hatten diejenigen, die Großeltern um Hilfe bitten konnten, die einen Garten haben. Wenn sogar die Kinderspielplätze geschlossen werden, dann verstärkt das die soziale Ungleichheit.

Die Coroanakrise hat uns unter anderem so hart getroffen, weil die Pflege im Gesundheitswesen viel zu schlecht bezahlt wird. Und weil sich die Arbeitsbedingungen unter dem Diktat der „Wirtschaftlichkeit“ durch Sparmaßnahmen jahrzehntelang verschlechtert haben. Die Pflege braucht in allen Beziehungen mehr Wertschätzung und bessere Bedingungen – für Kinder, Ältere und Kranke – also für uns alle.

Eine gute Möglichkeit den Austausch in Städten, Gemeinden und der Nachbarschaft zu verbessern bieten sogenannte Zeit-Tausch-Systeme. Bei ihnen wird auf Basis ehrenamtlicher Arbeitsstunden getauscht. Eine Stunde von mir ist gleich eine Stunde von dir. Jeder kann ehrenamtliche Arbeitsstunden geben und wir alle brauchen Menschen, die uns helfen – nicht nur im Krankheitsfall. In Zeit-Tausch-Systemen können ehrenamtliche Arbeiten wie Hausaufgabenhilfe, Kranken- und Altenpflege, Fahrdienste, Reparaturleistungen, Kochen und Kinderbetreuung sichtbar gemacht und belohnt werden – völlig unabhängig von der monetarisierten Wirtschaft. Und der zunehmende Austausch von Zeitgutscheinen zeigt, dass die Gemeinschaft genauso wächst wie das Vertrauen unter den Menschen. Letztendlich geht es den Teilnehmern um ein besseres Miteinander.

 

Copyright: thomasplassmann.de

Selbstverständlich hätte ich die vielen Hundert ehrenamtlichen Arbeitsstunden an den Schulen meiner Kinder sowieso geleistet. Aber die Möglichkeit einer Extra-Anerkennung durch Gutschriften auf einem Zeitsparkonto wäre ein noch größerer Gewinn, wenn ich sie später, wenn ich alt bin, einlösen könnte gegen Hilfe z. B. beim Einkaufen oder bei Arztbesuchen. Und es würde leichter fallen um Hilfe zu bitten, denn ich habe sie „verdient“.

Wer glaubt, die Coronakrise war die letzte Krise? Wahrscheinlich stehen wir erst am Anfang einer längeren Wirtschaftskrise, die uns noch viele Abstürze bescheren wird. Die Coronakrise sollte uns bewusst machen, dass nicht Euro, Gold und Bitcoins das Wichtigste sind, sondern Freunde, Familie und ein starkes Netzwerk.

Beim Zeit-Tausch geht es nicht um die Ökonomisierung des Ehrenamtes oder darum unsere kostbare Zeit auch noch zu verrechnen. Nein, es geht um einen besseren Austausch, um persönliche Beziehungen und gemeinsam besser für die Mitmenschen zu sorgen. Denn beim Zeit-Wohlstand geht es um Qualität – nicht um Quantität und nicht um finanzielles Wachstum. Ein Gewinn für alle – ohne jegliche Rendite.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt um solche Tausch-Systeme zu starten, um staatliche Programme zu fordern und den entsprechenden Datenschutz. Denn das fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Gemeinschaftsbildung, die in Corona-Zeiten mit den Auflagen von sozialer Distanz und Kontaktbeschränkungen nur schwer zu erreichen sind. Tauschsysteme können das große Potential der Hilfs- und Kooperationsbereitschaft in der Bevölkerung verstetigen, unterstützen und für die Zukunft ausbauen. Für mehr Mitmenschlichkeit. Zeit wird mehr wert, wenn man sie teilt. Und Zeit-Tausch-Systeme zeigen uns, dass die Zeit eigentlich viel wichtiger ist als das Geld. Nutzen wir unsere Zeit also gemeinsam besser!

 

Mehr Informationen über Zeit-Tausch-Systeme und Anwendungsbeispiele auf unserer Webseite:

 

Vertiefungsartikel zu Tauschringen und Zeitbanken (Teil unserer Onlinekurse).

Monneta-Experte Tobias Plettenbacher hat das Zeit-Tausch-System „WIR GEMEINSAM“ entwickelt. Neue Gruppen sind herzlich willkommen!

Informationen zu einen System in Deutschland finden sich zum Beispiel auf der Webseite der Zeitbörse Königsbrunn.

Artikel zum Thema Timebanking auf unserer englischen Webseite (CCIA 2015).