Sonderausgabe “Monetary Plurality and Crisis” im Journal of Risk and Financial Management (JRFM)

 

Neben dem Engagement in der Umsetzung von innovativen Währungs-Ideen und der fortlaufenden Bildungsarbeit zu Geld und Geldreformen ist es vor allem  die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser zwei Betätigungsfelder, die langfristig einer neuen Geld- und Wirtschaftsordnung den Weg ebnen wird. Gerade im jungen Theorie- und Forschungsfeld von komplementären Währungen wurde die Verknüpfung von Praxis und Wissenschaft  schon früh mitgedacht. So haben sich die internationalen Fachkonferenzen zu diesem Thema schon seit den frühen 2000er Jahren als Forum sowohl für Aktive wie Aktivisten und akademisch Forschenden verstanden. Aus den Zusammenkünften unter der Schirmherrschaft von führenden Universitäten in Frankreich (2011) und den Niederlanden (2013) hat sich schließlich im Jahre 2015, während der nächsten Konferenz in Brasilien, der Forschungsverbund RAMICS gegründet, die “Research Association on Monetary Innovation and Community and Complementary Currency Systems”. Seitdem ist auch das bereits seit 1997 erscheinende Fach-Journal IJCCR unter die Fittiche dieses Verbandes genommen worden.

Jedoch braucht es Zeit, bis sich ein neues Forschungsfeld etabliert, sowohl im wissenschaftlichen Diskurs, als auch in den universitären Fakultäten und dem Bewußtsein von Wissenschaftlern und Studenten. Veröffentlichungen in den eigenen Kreisen helfen dabei zwar, aber die volle Anerkennung im “Mainstream” des wissenschaftlichen Betriebs ist damit nicht zu erreichen. Daher ist es eine große Chance, das leider noch recht unbekannte Thema der monetären Vielfalt in einem konventionellen und breit aufgestellten Wirtschafts-Journal wie dem Journal of Risk and Financial Managements platzieren zu können. Mit der nun abgeschlossenen Sonderausgabe „Monetary Diversity and Crisis“ ist dies gelungen. Dies hat nicht nur etablierte Wissenschaftler motiviert, neue Themen zu betrachten und ihre Gedanken zu Geldtheorie und der Praxis komplementärer Währungen in übersichtlichen Artikeln festzuhalten, sondern gerade auch jungen Autoren wurde damit die Möglichkeit gegeben, die Ergebnisse ihrer Arbeiten zu veröffentlichen.

Damit diese nicht nur für ein Fachpublikum mit Zugang zu institutionellen Bibliotheken einsehbar sind, ist es von besonderem Wert, dass dieses Journal nach dem “open access” Prinzip arbeitet. Dies bedeutet, dass jeder Artikel von jedem jederzeit vollständig einsehbar und kostenlos herunterladbar ist. Da bei einem solchen Vorgehen die rückwirkende Finanzierung der Verlage über Abonnements und “pay per view”-Gebühren wegfällt, ist es üblich, dass der redaktionelle Aufwand und die Veröffentlichung vorab pro Artikel bezahlt wird. Leider ist auch dies für junge und unabhängige Wissenschaftler und selbst für viele wissenschaftliche Institutionen außerhalb der Industrienationen eine oft unüberwindliche finanzielle Hürde. Deshalb war es ein Glücksfall, dass wir neben dem Interesse des Journals auch noch die finanzielle Unterstützung der Organisationen des Redaktions-Teams dieser Sonderausgabe gewinnen konnten. Die Finanzierung des Großteils der Verlagsgebühren durch die Arbeitsgruppe von Prof. Georgina Gomez an der Universität Rotterdam und monneta hat es allen Autoren, die das strenge wissenschaftliche Review-Verfahren des Journals bestanden hatten, ermöglicht, ihre Arbeiten zu veröffentlichen.

Die meisten der nun erschienen Artikel beschäftigen sich mit den wirtschaftlichen Vorteilen von monetärer Vielfalt. Diese werden zum einen aus theoretischer, makroökonomischer Sicht beleuchtet (siehe dazu die Artikel von Simmons et al. und Kuypers et al.), als auch anhand von praktischen lokalen Beispielen untersucht – gestützt auf die Daten etablierter Komplementärwährungen wie dem REC in Barcelona (siehe Martín Belmonte et al.), dem Sardex in Italien (siehe Fleischmann et al. und Simmons et al.), dem Chiemgauer in Süddeutschland (Zeller) und Sarafu in Kenya (Ussher et al. und Zeller).

Auch historische Beispiele mit paralellen Währungen werden untersucht (siehe Kokabian und Sotiropoulou), sowie weniger bekannte monetäre Praktiken wie das „obligation clearing“ in Slovenien (siehe Fleischmann et al.). Und über die wirtschaftlichen Vorteile von kompelentären Währungsformen hinaus, werden von anderen Artikeln auch grundsätzlichere Probleme beleuchtet, wie die rechtliche Definition von „Geld“ und „Währung“ als Grundlage für eine nachhaltige und gerechtere Geldordnung (siehe Bindewald), die Effekte profit-orientierter Kreditgeldschöpfung auf die Stabilität des Finanzsystems (siehe Kuypers et al.), und den Einfluss von ökonomischer Ungleichheit auf die Verbreitung von Innovationen und die Bedeutung von Bargeld (siehe Srouji).

Gemeinsam scheint dabei allen Arbeiten, dass die behandelten Forschungsfragen stets in Sorge um soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit gestellt sind. Sowohl die wissenschaftliche Analyse als auch die untersuchten monetären Innovationen werden dabei nicht allein nach ihrer mikro- oder markoökonimischen Effizienz bewertet, sondern vielmehr in den Dienst für eine zukunftsfähige Welt gestellt. Deshalb wünschen wir allen Artikeln nicht nur viele Leser, sondern auch vielfache Wirkung.

 

Hier die Titel und Links zu den einzelnen Artikeln der Sonderausgabe. Einen Link, um alle Artikel zusammen als zip-Datei herunter zu laden, gibt es auf der Webseite der Sonderausgabe:

 

Bindewald, L.
Inconsistent Definitions of Money and Currency in Financial Legislation as a Threat to Innovation and Sustainability. https://www.mdpi.com/1911-8074/14/2/55

 

Fleischman, T.; Dini, P.; Littera, G.
Liquidity-Saving through Obligation-Clearing and Mutual Credit: An Effective Monetary Innovation for SMEs in Times of Crisis. https://www.mdpi.com/1911-8074/13/12/295

 

Martín Belmonte, S.; Puig, J.; Roca, M.; Segura, M.
Crisis Mitigation through Cash Assistance to Increase Local Consumption Levels—A Case Study of a Bimonetary System in Barcelona. https://www.mdpi.com/1911-8074/14/9/430

 

Kokabian, P.
Black Currency of Middle Ages and Case for Complementary Currency.
https://www.mdpi.com/1911-8074/13/6/114

 

Kuypers, S.; Goorden, T.; Delepierre, B.
Computational Analysis of the Properties of Post-Keynesian Endogenous Money Systems.
https://www.mdpi.com/1911-8074/14/7/335

 

Simmons, R.; Dini, P.; Culkin, N.; Littera, G.
Crisis and the Role of Money in the Real and Financial Economies—An Innovative Approach to Monetary Stimulus. https://www.mdpi.com/1911-8074/14/3/129

 

Sotiropoulou, I.
Persistent Food Shortages in Venetian Crete: A First Hypothesis.
https://www.mdpi.com/1911-8074/14/4/151

 

Srouji, J.
Digital Payments, the Cashless Economy, and Financial Inclusion in the United Arab Emirates: Everyone Still Transacting in Cash? https://www.mdpi.com/1911-8074/13/11/260

 

Ussher, L.; Ebert, L.; Gómez, G.; Ruddick, W.
Complementary Currencies for Humanitarian Aid.
https://www.mdpi.com/1911-8074/14/11/557

 

Zeller, S.
Economic Advantages of Community Currencies.
https://www.mdpi.com/1911-8074/13/11/271

 

 

[Der Autor dieses Artikels ist auch Co-Redakteur der beschriebenen Sonderausgabe, in der außerdem ein Artikel über die Ergebnisse seiner Doktorarbeit erschienen ist.]