Wenn über Reformvorschläge für unser heutiges Geldsystem diskutiert wird, fehlt der Bezug auf ein besonderes Element in fast keiner Gesprächsrunde: Gold.
Für Viele ist die Wiedereinführung eines Goldstandards die überzeugendste Lösung für die augenfälligen Probleme unseres heutigen größtenteils bankgeschöpften Geldes.
Tatsächlich könnte eine Neugestaltung des Geldes kaum einfacher und eingängiger konzipiert sein: anstelle von Fiat-Währungen, deren Schöpfung geregelt und kontrolliert werden muss, ist schlicht eine festgesetzte Menge an reinem Gold der Wertmaßstab für alle Güter und Dienstleistungen und damit eine allgemeinverständliche Deckung des Geldes. Spricht man von einem Goldstandard anstelle einer Goldwährung wie zum Beispiel Gold in Münzform, so ist damit gemeint, dass man nicht direkt mit Gold bezahlt, sondern weiterhin Papiernoten, weniger wertvolle Metallmünzen und auch digitale Einheiten als Tauschmittel verwendet. Aber von diesen darf dann nur soviel in Umlauf gebracht werden, wie der Emittent wieder in Gold zurücktauschen kann. Die Geldmenge ist dabei also direkt an die Goldreserven der herausgebenden Institution geknüpft. Dies kann dabei eine nationale Zentralbank oder ein privates Geldinstitut sein, solange deren Goldreserven überprüfbar und deren Sicherheit gewährleistet werden kann.
Während viele andere Reformvorschläge nicht ohne weitreichende Erläuterungen auskommen, stellt der Goldstandard einen unmittelbar nachvollziehbaren Ansatz dar, weil die Golddeckung von den meisten Menschen als sicher und wertvoll akzeptiert wird. Die Geschichte beschreibt den Ursprungs von Geld häufig mit der Einführung von Münzen, typischerweise Goldmünzen, die primitiven Tauschhandel vereinfachten und sich schließlich zu unserem modernen Geldsystem weiterentwickelten. Jedoch ist diese Auffassung von Geld historisch ebenso falsch, wie eine unkritische Auseinandersetzung mit Gold als Reformlösung problematisch ist. Tauschhandel war nach anthropologischer und historischer Forschung nie die Ausgangslage arbeitsteiliger Gesellschaften und ein Goldstandard birgt hinter seiner glänzenden Fassade eine Reihe gravierender Nachteile für eine Geldordnung:
- Ein Goldstandard schränkt die Möglichkeiten der Geldmengensteuerung extrem ein.
Heute liegt es überwiegend in der Hand privater Banken durch Kreditvergabe Geld zu schöpfen. Die Vergabe dieser Kredite wird zum großen Teil von kurzfristigen Gewinnerwartungen und Konjunkturaussichten zu Gunsten des einen oder anderen Sektors gesteuert. Dieses mächtige Einflusspotential, welches heute in vielen Länder zu Gunsten spekulativer Finanzgeschäfte und zu Lasten der Realwirtschaft ausgeübt wird, würden viele Geldreformer gerne einzuschränken. Aber ein Goldstandard stellt das entgegengesetzte Extrem dar, in dem die Geldmenge nicht mehr an die Liquiditätsbedürfnisse der Wirtschaft angepasst werden kann. Gerade in Zeiten einer Rezession kann dies fatale Folgen haben. Daher lebte zu Zeiten eines Goldstandards auch immer wieder die Idee eines Silberstandards auf, da dieser eine größere Geldmenge ermöglicht hätte. Und am Ende der Weltwirtschaftskrise im letzten Jahrhundert erholten sich gerade die Länder schneller, die sich vom Goldstandard lösten und andere Geldschöpfungsmechanismen einführten (vlg. NPR, Planet Money, Episode 253 Gold Standard R.I.P.).
- ein Goldstandard erschwert eine ausgleichende (Welt-)Wirtschaftsordnung. Ist die Bandbreite der Geldpolitik durch die Bestände an Goldreserven vorgegeben, werden Macht und Einflussmöglichkeiten in den Bahnen der Besitzverhältnisse bei Einführung des Goldstandards weiter verfestigt. Sozial-, Entwicklungs- und auch Umweltpolitik würden dabei noch weiter an rein wirtschaftliche Interessen gebunden. Natürlich setzt dieses Argument die Einbettung monetärer Ansätze in einem politisch ideologischen Kontext voraus. Aber implizit tun dies die Befürworter eines Goldstandards auch, wie die folgenden Punkte aufzeigen.
- der Wert von Gold ist ebenso kulturell geprägt wie der Wert eines andersartig geschöpften Geldes auch. Der “intrinsische Wert” von Gold, auf den sich seine Befürworter oft berufen, ist ebenso nur ein Marktwert, der zwar durch die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch relativ stabil war, sich aber nicht an einem wirtschaftlichen Nutzwert orientiert, sondern vielmehr an den ästhetischen und kultischen Qualitäten, die dem Gold beigemessen werden. Es ist nicht nur ein Indianersprichwort, dass man Gold letztendlich nicht essen könne, sondern auch in der Industrie und Technik sind andere Rohstoffe “Wert-voller“ als Gold. Von daher rühren auch die Vorschläge aus dem Feld der Komplementärwährungen die andere, nützliche Ressourcen, wie z.B. erneuerbare Energie oder Kombinationen aus verschiedenen Rohstoffen (vlg. Lietaers Terra Vorschlag) zur Bemessungsgrundlage und als Wertgarant für Währungseinheiten heranziehen.
- ein strikter Goldstandard war zu keiner Zeit ein ausschließliches und nachhaltiges Geldinstrument. Goldmünzen in der Antike, im Mittelalter und Neuzeit kursierten immer im Zusammenspiel mit anderen Währungen unterschiedlicher Schöpfungweise und Deckung (vgl. Felix Martin, Geld- die wahre Geschichte). Und das Beispiel aus der jüngeren monetären Geschichte, nämlich das Bretton-Woods Weltwährungssystem der Nachkriegszeit, beruhte ebenso nie auf einer strikten Deckung der umlaufenden Geldmenge durch Goldreserven, und musste schließlich 1971 von den USA gerade aus den oben angeführten Gründen der Inflexibilität aufgekündigt werden.
Fazit:
Die Wiedereinführung eines Goldstandards wäre zwar eine leicht nachvollziehbare und scheinbar einfach umzusetzende Geldreform, sie wäre aber gleichfalls wirtschaftlich wie politisch lähmend – gerade in Hinsicht auf eine Weiterentwicklung von Geld als einem demokratischen, gesellschaftlichen Gestaltungsmittels.
Allein in einem Zusammenspiel von verschiedenartigen, je an ihrem Einsatzbereich angepassten komplementären Währungen, kann eine Golddeckung für bestimmte Zwecke überzeugen (vgl. Bodensee-Taler). In diesem Sinne lässt sich auch der relative Erfolg von Bitcoin mit seinen vielfältigen Anspielungen an “digitales Gold” erklären, auch wenn diese einer faktisch Grundlage entbehren (vlg. Bonussystems und Privatwährungen).
Bei all den Missverständnissen, die um Gold als eine stabile und scheinbar altbewährte Währungsgrundlage kursieren, ist es nicht verwunderlich, dass die Idee eines Goldstandards im Diskurs der Geldreformer mehr als nur den ihr gebührenden Platz behauptet.