Am 10. August ist unser Freund und langjähriger Arbeitskollege Otmar Donnenberg im Alter von 79 Jahren gestorben. Darüber sind wir noch so erschrocken, dass wir den Nachruf in Form eines Briefes geschrieben haben, den wir ihm gerne noch hätten zukommen lassen.

 

Lieber Otmar,

Du fehlst. Nicht nur unserem Freundeskreis bei MONNETA, nicht nur Deiner Familie, Deinen Freunden und vielen Weggefährten durch Dein bewegtes Leben. Nein, Menschen wie Dich findet man selten. Diese Kombination aus einem engagierten Lehrer, Unternehmer, Berater und Sozialreformer waren ziemlich einzigartig. Ebenso wie Dein zielgenauer Blick für das Wesentliche, der uns so häufig zu dem zurückgeführt hat, was wir Menschen wirklich brauchen.

Du hast so viel geleistet in Deinem Leben z.B.:

  • für die Organisationsentwicklung, die eine neue Methode war, als Du damit anfingst,
  • für die maßgebliche Weiterentwicklung des Action-Learning, die in Deinem Buch nachgelesen werden kann,
  • für Gemeinschaften und Menschen, die Du als Coach betreut hast,
  • für Gruppen, denen Du als Mediator und Moderator geholfen hast ihre Potentiale besser zu entfalten
  • für die Nutzung der Soziokratie auch in Unternehmen,
  • für ein ethisches Banking, z.B. bei der Triodos-Bank in den Niederlanden, die Du mitgegründet hast,
  • für Lernstrategien der Veränderung z.B. bei der Transition-Bewegung, der Regionalentwicklung und der Gemeinwohl-Ökonomie

Diese Aufzählung ließe sich noch um einiges verlängern.

Menschlich überaus beeindruckend waren darüber hinaus Dein mutiger, tapferer und bewusster Umgang mit Krankheit und Tod. Seit 2008 wusstest Du von Deiner Knochenmarkserkrankung. Du hast die Leukämie mit Hilfe Deiner Frau so viele Jahre gut in Schach gehalten. So gut, dass wir noch im Juni dachten: Jetzt ist Otmar endlich über den Berg! Dann aber kam eine Infektion, die sich hartnäckig ausgebreitet hat, genauso wie die weißen Blutkörperchen. Letztendlich hat Deine bewusste Entscheidung auf weitere Behandlung zu verzichten und nach Hause zu gehen, sogar die behandelnde Ärztin zum Weinen gebracht.

Geschöpft hast Du Deine Kraft aus einer tiefen Spiritualität, die Dich z.B. immer wieder nach Dornach geführt hat. Dort hast Du den Faust von Goethe in voller Länge erlebt und ebenso die Mysteriendramen von Steiner. Für Dich waren das nicht nur Schauspiele, sondern ständige lebendige Quellen für Ideen und Inspirationen. Die Begegnung mit Bernard Lievegoed hat Dich zu Deinem Lebensthema geführt, zur „Kultivierung der Herzen“, das Du auch an vielen beruflichen Stationen praktizieren konntest. Auf gesellschaftlicher Ebene gab es für Dich ebenfalls einen Ansatz der Kultivierung durch eine Dreigliederung von Gesellschaft und Unternehmen. Das Kulturleben sollte nach Deiner Auffassung durch das Prinzip der Freiheit geprägt sein, das Rechtsleben durch das Prinzip der Gleichheit und das Wirtschaftsleben durch das Prinzip der Geschwisterlichkeit. Gewehrt hast Du Dich dagegen, Schulen und Bildung dem Gleichheitsprinzip des Staates zu unterwerfen, ebenso warst Du dagegen Wirtschaft als puren globalen und freien Wettbewerb zu gestalten, da dieses Übermaß an Freiheit im Wirtschaftsleben zur Übermacht der Konzerne und zur Monopolisierung führen würde.

Dein Mut und starker Wille Dinge zu Ende zu denken, führten auch zu der Erkenntnis, welche umfassende Bedeutung das Geldwesen, die Finanzwirtschaft und Währungssysteme für unsere Gesellschaft, unser Denken und unsere Kommunikation haben. Du wusstest wie viel man erreichen kann, wenn man dort ansetzt und zum Beispiel mit Komplementärwährungen und mit praktischen neuen Handlungsmöglichkeiten auch das Bewusstsein der Menschen verändert. Ja, Geld ist ein Tauschmittel und gesellschaftliches Gestaltungsmittel, das wir mitgestalten sollten. Deshalb hast Du Dich für Regionalwährungen, Zeit-Tausch-Systeme und Verbesserung der lokalen Netzwerke eingesetzt. Und um etwas gegen die zunehmende Ungleichheit und für eine gerechtere Verteilung zu tun. Es gab Rückschläge z.B. bei der Regionalwährung „Dreyecker“, die Du mitgegründet hast. Dennoch hat das Deinen grundsätzlichen Optimismus nicht erschüttert. Du hast dem Kritiker der Wachstumswirtschaft Tim Jackson zugestimmt, der sagte „Pessimismus ist ein Akt des Verstandes, Optimismus ein Akt des Willens. Wir gewinnen nicht durch Pessimismus, sondern durch eine optimistische Haltung.“ In diesem Sinne sehen wir Dich als einen willensstarken Optimisten, der bis zuletzt voller Elan dabei war, Regiogeld-Initiativen miteinander zu vernetzen und das kooperative Denken anzuregen. Die Themen, für die Du Dich engagiert hast, wollen wir in diesem Sinne weiter voranbringen.

Wir danken Dir aus tiefen Herzen für all das Gute, das Du für uns getan hast!

Kathrin Latsch und Christian Gelleri