Die Stabilität des Systems hängt ab vom Glauben an zukünftige Renditen und erwartetes Wirtschaftswachstum. Denn das Kreditgeldsystem ist ein Glaubenssystem, von lat. credere = glauben. Kredit ist der Glaube an die Fähigkeit des Kreditnehmers, den zur Verfügung gestellten Geldbetrag in der Zukunft – mitsamt Zinsen – zurückzahlen zu können. Alle Kredite gehen mit Zinsforderungen einher. Das Geldsystem bildet damit ab und erzeugt, was dem Kapitalismus als Programm eingeschrieben ist: Kapital muss sich rentieren, die Wirtschaft muss sich immer im positiven (Wachstums-)Bereich bewegen.

Krisenereignisse im kapitalistischen Geld- und Wirtschaftssystem sind Glaubenskrisen. Sie ereignen sich bei „zu wenig“ Wachstum, nicht bei „zu viel“. „Zu wenig“ bedeutet, dass sich ursprüngliche, bei der Kreditvergabe zugrunde gelegte Wachstums- und Renditeperspektiven nachträglich als „übertrieben“ herausstellen bzw. der Glaube daran (aus welchen Gründen auch immer) nachlässt und die Wachstumserwartung nach unten korrigiert wird.

Wie das Problem entsteht:

Geschäftsbanken sind angewiesen auf eine profitable Kreditvergabe, denn darin besteht ihr Geschäft. Sie agieren daher prozyklisch: in konjunkturell guten Zeiten tendieren sie dazu mehr Kredite zu vergeben und lockern die Kreditkonditionen (bzw. verlangen niedrige Zinsen). Bei schlechteren Konjunkturaussichten „ziehen sie die Zügel an“ und werden zurückhaltend mit der Kreditvergabe (bzw. verlangen höhere Zinsen). Dass sie dabei untereinander im Wettbewerb stehen, ändert nichts an diesem grundsätzlichen Verhalten.

Es resultiert eine selbstverstärkende Dynamik:

Durch übertriebene Kreditvergabe – aufgrund übertriebener Wachstumserwartungen – kommt mehr Geld ins System, als durch das damit tatsächlich erzeugte Wachstum gerechtfertigt wäre. Die überschüssige Geldmenge verursacht entweder allgemeine Preissteigerungen (steigende Inflationsrate bis hin zur Hyperinflation); das Geld hat immer weniger Gegenwert. Oder sie wird zur Vermögenspreisspekulation herangezogen und erzeugt Spekulationsblasen in einzelnen Bereichen (Asset inflation). Platzt eine dieser Blasen, werden die betroffenen Geldanlagen im Nachhinein unrentabel, was weitere Wertkorrekturen von Vermögen (bzw. Rendite- und Wachstumserwartungen) in anderen Bereichen nach sich zieht – der Wert des Geldes wird erdrutschartig „berichtigt“.

Bei sich verschlechternden Konjunkturaussichten – also geringen Wachstumserwartungen – wird ein generell höheres Kreditausfallrisiko unterstellt und die Kreditkonditionen für neue Kredite verschärft (die Zinsen angehoben und /oder mehr Sicherheiten verlangt). Dadurch kommt weniger Geld ins System, die Investitionsbereitschaft nimmt ab („Investitionsstau“) und die Einkommen sinken, bzw. die Bereitschaft, diese auszugeben („Konsumzurückhaltung“). In der Folge werden weniger Umsätze gemacht als ursprünglich erwartet, es fallen tatsächlich mehr Kredite aus und die Konjunkturaussichten verschlechtern sich (erneut).

Warum zu wenig Wachstum in Krisen mündet:

Eine krisenfeste Geld- und Wirtschaftspolitik müsste das prozyklische Verhalten der Geschäftsbanken jederzeit wirksam kompensieren können. Staaten und Zentralbanken stecken allerdings bei abflauender Konjunktur (=sinkenden Wachstumserwartungen) gleichermaßen im Dilemma:

Sinken die Wachstumsaussichten, versucht die Zentralbank durch Leitzinssenkung die Kreditvergabe zu lockern und die Mindestinflationsrate (+2%) aufrecht zu erhalten, um nicht in die Falle einer deflationären Abwärtsspirale und Rezession zu geraten (wie in der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre geschehen). Das Kalkül dahinter: bei niedrigen Zinsen steigt die Kreditnachfrage; und bei ausreichend hoher Inflation geben die Menschen ihr Geld lieber aus oder investieren es, anstatt es zurückzuhalten – die Konjunktur „springt wieder an“. Am unteren Ende der Zinsskala, im Nullzins-Bereich („Zero Lower Bound“), kommen die Zentralbanken damit allerdings an ihre Grenzen, da sie dann keinen ausreichenden Anreiz mehr gegen das Zurückhalten von Liquidität setzen können (Frank van Lerven: The Interest Rate Dilemma: Financial Crisis Either Way???). Einige Zentralbanken haben inzwischen „Negativzinsen“ als Instrument etabliert, die Wirkung ist noch nicht belegt.

Daneben wird versucht die Geldmenge durch gezielte Emission von Staatsanleihen, oder umgekehrt: Aufkauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank zu beeinflussen. Diese Interaktionen sind teils umstritten, weil sie die geldpolitische Unabhängigkeit der Zentralbanken infrage stellen.

Wirtschaftspolitisch versuchen die betroffenen Staaten mit (teils fragwürdigen) Konjunkturprogrammen aus dem Keynesianischen Werkzeugkasten Wachstum zu erzeugen (vgl. die „Abwrackprämie“), bzw. den Glauben daran wiederherzustellen. Oder sie treten als Ersatzschuldner („Lender of Last Resort“) auf wenn die Unternehmen sich nicht ausreichend verschulden (und privatisieren schließlich staatliche bzw. öffentliche Güter, um die damit einhergehenden Zinslasten zu begleichen).

All diese Maßnahmen kurieren nicht die Ursachen, sondern reagieren nur auf die Symptome. Sie versuchen das Problem zu entschärfen oder die Auswirkungen abzumildern, bringen jedoch selbst Nebenwirkungen mit sich, die das Problem verstärken, in die Zukunft verschieben oder in einzelne Bereiche verlagern.

Lesen Sie die weiteren Einführungsartikel zu den Problemen unseres Geldsystems auf unserer Webseite (Wachstum, Verschuldung, Umverteilung, ) oder sehen Sie eine Zusammenfassung hier in einen kurzen Video von MONNETA:

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