Fragen an die Parteien:
Trotz Europäischer Bankenunion und einheitlichem europäischen Abwicklungsmechanismus für Banken (SRM) retten Staaten noch immer nationale Banken mit Steuergeld (siehe Italien). Unverändert finanziert das nationale Bankensystem hieraus resultierende Staatsdefizite über den Kauf von Staatsanleihen ohne dafür Eigenkapital hinterlegen zu müssen (Basel3/CRDIV/CRR). Dieser Zusammenhang ist wesentliche Ursache der Einflussnahme nationaler Politik auf nationale und europäische Institutionen der Banken- und Finanzmarktregulierung.
Frage 2) Setzt sich Ihre Partei aktiv sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene für eine Verbesserung der Eigenkapitalregulierung der Banken in Sachen Staatsfinanzierung ein? Dokumentieren Sie die Position Ihrer Partei anhand der Stellungnahme Ihrer Abgeordneten im EU-Parlament zum gegenwärtigen Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zur Revision der CRDIV/CRR Regulierung.
Antworten der Parteien:
(Reihenfolge nach Ergebniss der Bundestagswahl 2013)
Es ist unser erklärtes Ziel, Risiken im europäischen Bankensystem weiter deutlich zu reduzieren. Dazu gehört auch, die regulatorische Behandlung von Staatsanleihen auf den Prüfstand zu stellen. Ihre Position hat die unionsgeführte Koalition auch in zwei Plenaranträgen (Drucksache 18/7644, 18/6548) dargelegt. An diesem Ziel halten wir fest und unterstützen daher unseren Bundesfinanzminister bei den hierzu laufenden Verhandlungen in Brüssel. Interessant ist in diesem Zusammenhang der Vorschlag von Bundesbank-Präsident Dr. Jens Weidmann, mit der Abschaffung des Privilegs zügig zu beginnen, jedoch die Änderungen über einen längeren Zeitraumund stufenweise einzuführen, damit es nicht zu Verwerfungen an den Finanzmärkten kommt.
Die SPD setzt sich für eine Sicherstellung ein, dass die von Banken für Staaten und ebenso die von Staaten für Banken ausgehenden Risiken weiter nachhaltig verringert werden. Hierzu ist es insbesondere erforderlich, den Abbau von Staatsrisiken in Bankbilanzen zu erreichen und hierfür die regulatorische Behandlung von Staatsanleihen auf europäischer Ebene zu verändern.
Dass auch bei Staatsanleihen Verluste entstehen können, wurde im Falle Griechenlands offenkundig. Deshalb und auch um die fatale Wechselwirkung zwischen schwachen Staaten und schwachen Banken aufzuheben, sollen für Staatsanleihen im Portfolio der Banken die normalen Großkreditgrenzen gelten. Mit einer vernünftigen Schuldenbremse (leverageratio), wie von uns gefordert, können Banken Staatsanleihen auch nicht mehr ohne Eigenkapital refinanzieren.
Für die Abschaffung der Nullgewichtung von Staatsanleihen in der Finanzmarktregulierung setzen wir uns gemeinsam mit unseren grünen Kollegen im Europaparlament ein. Z.B. fordern Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, und Sven Giegold, Sprecher der Europagruppe der Grünen, in einem gemeinsamen Papier zur europäischen Einlagensicherung: „Wir unterstützen den Plan der EU-Kommission und des Rates, parallel zur Einführung von EDIS ein ambitioniertes Paket von Maßnahmen zur Reduktion der Risiken im Bankensystem zu beschließen. Dazu muss auch gehören, zu beenden dass Staatsanleihen für risikofrei erklärt werden und bei den Regeln der Bankenregulierung außen vor bleiben.“
Im jährlichen Initiativbericht zum Stand der Bankenunion haben die Grünen zusammen mit anderen Fraktionen im Europaparlament einen Änderungsantrag eingebracht, um eine entsprechende Forderung im Text zu verankern. Leider verhinderten die Sozialdemokraten, unterstützt von den Christdemokraten, klare Aussagen zur Begrenzung von Risiken durch die Nullgewichtung von Staatsanleihen.
DIE LINKE lehnt es ab, die Kreditfinanzierung des Staates durch Banken gleich zu behandeln wie Kredite an Unternehmen und Privatpersonen. Die Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen durch Banken würde die Kreditaufnahme des Staates erheblich verteuern. Was kann es für eine solidere und demokratisch legitimere Verwendung von Ersparnissen, Rücklagen und Bankreserven geben als die Finanzierung des demokratischen Gemeinwesens? Dafür müssen sich die Gläubiger des Staates im Umkehrschluss und im Interesse eines stabilen Finanzsystems darauf verlassen können, dass sie von der Regierung bzw. den Regierungen in ihrem Währungsraum das geliehene Geld zurückbekommen. Wenn ein Staat in die Zahlungsunfähigkeit gerät, unterhöhlt dies quasi automatisch das Vertrauen auch in die privaten Akteure des nationalen Finanzsystems. Ein Staatsbankrott ist daher fast immer auch mit einem Zusammenbruch des nationalen Bankensystems verbunden. Daran würde auch eine begrenzte Unterlegung der Forderungen der Banken gegen den Staat mit Eigenkapital nichts ändern.
Auf die Antwort zu den Fragen 1a) und 1d) wird verwiesen.
Die jüngsten Rettungen von italienischen Banken haben zudem deutlich gemacht, dass die europäischen Regeln zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen lückenhaft sind.
Die aufsichtsrechtliche Fiktion der Risikolosigkeit der von Euroländern begebenen Anleihen war eine wesentliche Ursache der europäischen Staatsschuldenkrise. Noch heute führt diese marktferne Praxis zu Fehlallokationen am Kapitalmarkt: Zum Beispiel werden Aktien oder Unternehmensanleihen im Wettbewerb um Anlegergelder marktwidrig benachteiligt. Wir Freie Demokraten fordern auch vor diesem Hintergrund eine Entprivilegierung von Staatsanleihen in Bankbüchern. Dies führt unter anderem dazu, dass auch Staatsanleihen mit Eigenkapital zu unterlegen sind und eine Großkreditgrenze Klumpenrisiken vorbeugt. Außerdem sollte die Möglichkeit der mehrjährigen Verlängerung von Staatsanleihen geschaffen werden, damit die Risiken sich im Zinsniveau frühzeitig abbilden und den Gläubigern die Möglichkeit genommen wird, sich von Risiken auf Kosten der Staatengemeinschaft zu befreien.
Die AfD ist wohl die Partei, die sich am vehementesten gegen die Rettung notleidender Banken mit Steuergeld ausspricht.
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