Fragen an die Parteien:
Die Wahl des Standorts für die EBA, Paris oder Frankfurt, ist sekundär. Primär sollte es bei der politischen Entscheidung um die notwendige Reform der grundlegenden Struktur des Systems der Europäischen Finanzmarktaufsicht gehen. Nur wenn eine Vision über die zukünftige Struktur der Aufsichtsorgane und die notwendigen Prozesse besteht, können nachgelagerte politische Entscheidungen, wie jene des Umzugs- und der Verschmelzung von Aufsichtsbehörden, getroffen werden. Zu dem Thema „Reform des Europäischen Systems der Finanzaufsicht“ erfolgte im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 17. Mai eine öffentliche Anhörung mit Einladung externer Experten.
Frage 3) Bitte skizzieren Sie kurz das Konzept und die Vorschläge Ihrer Partei im Hinblick auf die Reform der Europäischen Finanzaufsicht.
Antworten der Parteien:
(Reihenfolge nach Ergebniss der Bundestagswahl 2013)
Zunächst einmal freue ich mich, dass Sie die öffentliche Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur Kenntnis genommen haben. Diese erfolgte ebenso wie der Plenarantrag aus dem Februar 2016 (Drucksache 18/7539) auf Initiative der Union.
Die Fortentwicklung der Europäischen Bankenaufsicht ist ein wichtiger Bestandteil unserer Finanzmarktagenda. Wir haben bereits einen Dialog mit den Aufsichtsbehörden darüber begonnen, was gut und was nicht so gut funktioniert hat. Diesen Dialog wollen wir in der kommenden Legislaturperiode fortsetzen. Bei der Europäischen Zentralbank sehen wir gerade, wie problematisch es ist, wenn Geldpolitik und Bankenaufsicht unter einem Dach geführt werden. Das Ziel muss eine klare Trennung dieser beiden Bereiche sein. Auch über die Funktionsweise und die Weiterentwicklung der Europäischen Aufsichtsagenturen (ESA) sprechen wir. Nicht zielführend ist es, wenn einfach nur mehr Geld und mehr Kompetenzen für die ESA gefordert werden. Vielmehr brauchen wir eine Bestandsanalyse: Die ESA müssen sich bei der Erfüllung der ihnen zugeschriebenen Aufgaben und Kompetenzen uneingeschränkt an die in der EU geltenden Grundsätze von Subsidiarität und Proportionalität halten. Dies war in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall. Auch ist eine zunehmende „Regulierungsdichte“ durch die ESA festzustellen, die über die neuen und bestehenden Regelwerke der europäischen Gesetzgebung auf Level 1 hinaus erzeugt wird. Wichtig ist uns, dass die ESA bei ihrer Standardsetzung darauf achten, dass global agierende systemrelevante Großbanken einer starken Regulierung mit sehr hohen Standards bedürfen. Hingegen sollten kleinere, risikoärmere Institute, wie insbesondere die Genossenschaftsbanken und Sparkassen, von regulatorischen Prozessen – die nicht zentral für die Finanzmarktstabilität sind – weniger gefordert werden.
Die SPD setzt sich für eine institutionelle Trennung der beiden grundlegenden Aufgaben der EZB, der Geldpolitik und der Bankenaufsicht, ein. Der EZB wurde mit der Bankenaufsicht eine Aufgabe übertragen, die in Konflikt mit ihrem eigentlichen Mandat der Geldpolitik steht. Der Unabhängigkeit, die sie aufgrund dieses Mandats genießt, droht ein Reputationsschaden, wie die aktuelle Diskussion um die Rettung italienischer Banken zeigt. Die Bankenaufsicht muss deshalb von der EZB auf eine eigene transparente Institution übertragen werden. Die Neuordnung der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden im Zusammenhang mit dem Brexit bietet dafür eine gute Gelegenheit. Dabei können dann auch die notwendigen Transparenzregeln für die neue Bankenaufsicht und die parlamentarische Verantwortung gegenüber dem Europäischen Parlament klar geregelt werden.
Die europäischen Finanzmarktregulierungsbehörden haben die Aufgabe, für eine einheitliche Entwicklung und Anwendung des EU-Aufsichtsrechts zu sorgen und dies auch durchzusetzen. Damit tragen sie dazu bei, dass kurzsichtige „Race-to-the-Bottom“-Strategien in der Finanzmarktregulierung zulasten der europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht mehr möglich sind. Die Zersplitterung der drei neuen Aufsichtsbehörden ESMA, EBA und EIOPA über die drei Standorte Paris, London und Frankfurt am Main war unlogisch, kurzsichtig und nationalen Eitelkeiten geschuldet und wir haben dies von Anfang an kritisiert. Effizienz- und Reibungsverluste waren hier bereits vorprogrammiert. Deshalb begrüßen wir, dass es nun Diskussionen über eine Zusammenlegung und bessere Zusammenarbeit gibt. In Deutschland praktizieren wir dies in ähnlicher Form in der BaFin.
Dass die Aufsicht von europäisch oder international tätigen Banken nun auf europäischer Ebene liegt, ist nur folgerichtig. Wenn eine internationale tätige französische oder deutsche Bank Geschäfte in Deutschland, Spanien und Italien macht, dann kann europäische Aufsichtsbehörde eine deutlich bessere und effizientere Aufsicht gewährleisten als eine nationale Behörde. Für die vielen kleinen nur national tätigen Banken ist es aber wichtig, dass ihre Besonderheiten berücksichtigt werden. Deshalb sollten diese weiterhin über die deutsche BaFin und durch die Bundesbank beaufsichtigt werden und die EZB nur in besonders brisanten Fällen eingreifen.
Solange die Aufsicht über die Banken bei der EZB angesiedelt ist, muss sichergestellt werden, dass geldpolitische und aufsichtliche Ziele nicht vermischt werden. Langfristig wollen wir weiterhin die Ausgliederung der Aufsicht in eine eigene Institution. Auch muss die demokratische Kontrolle der Aufsicht durch das europäische Parlament sichergestellt werden und der europäische Rechnungshof bei der Prüfung des Aufsichtsbereichs der EZB dem Bundesrechnungshof vergleichbare Prüfrechte haben.
Am 17. Mai hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung zur Forderung der LINKEN zur Einführung eines Finanz-TÜV durchgeführt. Die von Ihnen genannte Anhörung „Reform des Europäischen Systems der Finanzaufsicht“ war am 31.Mai. Beide Anhörungen sind insofern eng miteinander verbunden, als das das von der LINKEN entwickelte Konzept eines Finanz-TÜV auf der Ebene der Europäischen Finanzaufsicht angesiedelt werden soll (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/097/1809709.pdf, https://www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/Positionspapiere/2016/positionspapier-ak-finanz-tu-v-rk.pdf).
Die Finanzindustrie erfindet so schnell immer neue, noch kompliziertere, unberechenbare „Finanzinnovationen“, dass öffentliche Kontrolle und Finanzaufsicht im Einzelnen unmöglich hinterherkommen. Wohin das führt, hat die Finanzkrise nach 2007 eindrucksvoll gezeigt: Nicht nur private Kleinanleger haben massiv Geld verloren, sondern auch die Finanzeliten der globalen Bankenindustrie hatten sich gegenseitig Schrottpapiere angedreht. Keiner hatte mehr einen Überblick, welche Risiken bei welcher Bank schlummerten. Die Folge: Keine Bank traute mehr der anderen, der Geldmarkt zwischen den Banken brach zusammen, und sogar seriöse Banken bekamen Liquiditätsprobleme.
Für DIE LINKE steht fest, dass es mit dem ungebremsten Wildwuchs der sogenannten »Finanzinnovationen« nicht weitergehen darf. Wir forderten eine Umkehr des bisherigen Verfahrens. Statt alle Finanzprodukte als erlaubt zu betrachten, solange sie nicht ausdrücklich verboten sind, sollte nur das erlaubt sein und in Verkehr gebracht werden dürfen, was vorher durch einen Finanz-TÜV zugelassen würde. Und: bei der Zulassungsprüfung muss nicht der Finanz-TÜV beweisen, dass Produkte unsicher oder gefährlich sind, sondern die Anbieter von Finanzinstrumenten müssen nachweisen, dass ihre Produkte sinnvoll, sicher und beherrschbar sind. Für alle Finanzinstrumente und -akteure würde damit eine europaweite Zulassungsprüfung eingeführt, bei der gesellschaftliche, volkswirtschaftliche sowie verbraucherschutzrelevanter Kriterien geprüft werden könnten. Der Finanz-TÜV ist keine abgehobene Idee, sondern orientiert sich als Verfahren an staatlich eingeübter und bewährter Praxis wie z.B. der Arzneimittelregulierung. Noch mehr als bei technischen Geräten, Anlagen und Autos dürfen auch Medikamente nur nach einer gründlichen Prüfung und Zulassung in Betrieb gehen bzw. in Verkehr gebracht werden. Würde unser Konzept eines Finanz-TÜV umgesetzt, würde der Finanzmarkt auf einen Bruchteil seiner Umsätze und Finanzinstrumente geschrumpft und entsprechend die Komplexität und das Risiko von Finanzkrisen drastisch gesenkt werden können. Die Finanzaufsicht – auf nationaler und europäischer Ebene – hätte überhaupt erst wieder ernsthafte Chancen, das Finanzsystem tatsächlich zu beaufsichtigen und einen Überblick zu wahren, würde dadurch aber nicht überflüssig.
Schon bei der Einrichtung der drei europäischen Finanzaufsichtsbehörden hat DIE LINKE kritisiert, dass dadurch das Konzept einer Allfinanzaufsicht, wie es der deutschen Finanzaufsicht BaFin – wenngleich in deren Praxis noch nicht befriedigend verwirklicht – zu Grunde liegt, unterminiert wird. Wir plädieren daher auf europäischer Ebene für eine Allfinanzaufsicht und – zur Vermeidung von Interessenkonflikten – für eine Trennung der operativen europäischen Bankenaufsicht von der EZB.
Wir Freie Demokraten sehen die Debatte um eine Reform des europäischen Systems der Finanzaufsicht als noch nicht abgeschlossen an. Grundsätzlich halten wir die der Europäischen Finanzaufsicht übertragenen Kompetenzen als geeignet, damit die europäischen Aufsichtsbehörden ihre Aufgaben wahrnehmen können. Die europäischen Aufsichtsbehörden leisten dabei einen wichtigen Beitrag für ein levelplayingfield in der Finanzmarktregulierung. Wichtig ist, dass sie ihre Arbeit im Rahmen ihrer Mandate wahrnehmen und die Grundsätze der Proportionalität und Subsidiarität gewahrt werden.
Noch keine explizite Beschlusslage der AfD zu diesen zum Teil speziellen Themen. Wir teilen aber die meisten lhrer Bedenken – insbesondere bzgl zu komplexer Regulierung und zur HFT-Problematik, die die ldee nachhaltigen lnvestierens völlig konterkariert.
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