In ihrer Pressemitteilung fordert die NGO Finance Watch die Europäische Kommission auf, ihre Unterstützung für die Rettung privater Banken mit öffentlichen Geldern durch sogenannte „vorsorgliche Rekapitalisierungen“ zu überdenken.

Diese neue Maßnahme, die Teil eines Pakets zur Bewältigung der anstehenden Ströme notleidender Kredite im Rahmen der COVID-19-Pandemie ist, kommt zu der massiven öffentlichen Unterstützung hinzu, die dem europäischen Bankensystem bereits im gesamten Jahr 2020 zuteil wurde. Dies zeigt unmissverständlich, dass die Bemühungen der letzten zwölf Jahre nicht genügt haben, um die Verwendung öffentlicher Gelder zur Rettung privater Banken künftig zu verhindern.

  • Wenn nun vorsorgliche Rekapitalisierungen von Banken in Form eines „temporären Kapitalpuffers zur Bewältigung schwerwiegender widriger Umstände“ erlaubt werden, bedeutet dies letzten Endes, dass die in den letzten Jahren unter großen Mühen verabschiedeten Eigenkapitalvorschriften immer noch nicht ausreichen, damit europäische Banken Krisenzeiten aus eigener Kraft überstehen. Die Folgen trägt, wieder einmal, der europäische Steuerzahler.
  • Es zeigt auch, dass auch die politischen Entscheidungsträger und Fachleute, die vor sechs Jahren die Abwicklungsrichtlinie (BRRD) und die damit verbundene Mindestanforderung für Eigenmittel  und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) verabschiedeten, sich offensichtlich auch heute immer nicht darauf verlassen möchten, dass ausfallende Banken nach diesem neuen Regelwerk ordnungsgemäß restrukturiert oder abgewickelt werden, ohne die Stabilität des gesamten Finanzsystems zu gefährden.
    Die von der Europäischen Kommission hinzugefügte Bedingung, dass vorsorgliche Rekapitalisierungsmaßnahmen nur für Kreditgeber zur Verfügung stehen würden, die vor der Pandemie gesund waren, ist im Grunde bedeutungslos: In Ermangelung einer politischen Entschlossenheit, die Abwicklungsrichtlinie anzuwenden, wurden ausfallende Kreditinstitute bereits mit öffentlichen Geldern über Wasser gehalten, lange bevor die COVID-19-Pandemie ausbrach. Die nun vorgeschlagene Anwendung der „vorsorglichen Rekapitalisierung“ würde diese Praxis nur rückwirkend legitimieren, den Weg für eine neue Welle von Rettungsaktionen ebnen und nebenbei den letzten Nagel in den Sarg der Abwicklungsrichtlinie schlagen.
  • Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Aktionsplans ist besonders ungünstig gewählt, denn sie kommt einen Tag nach der Ankündigung der Europäischen Zentralbank, dass sie die Ausschüttung von Dividenden durch Banken unter ihrer Aufsicht wieder zulassen wird, wenn auch unter bestimmten Bedingungen.

Finance Watch fordert daher die Europäische Kommission und die EU-Mitgesetzgeber auf, ihre Bemühungen auf die Vollendung der Bankenunion zu konzentrieren, mit dem letztendlichen Ziel, einen resilienten, angemessen kapitalisierten und selbsterhaltungsfähigen Bankensektor zu schaffen.

Benoît Lallemand, Generalsekretär von Finance Watch, sagte:

„Wenn sich Bankengewinne, die privaten Interessen zugute kommen, aus öffentlicher Unterstützung speisen, haben wir einen klaren Fall von Abzweigung öffentlicher Gelder in private Taschen. In diesem Zusammenhang sollte es keinen Raum geben, um über die Möglichkeit zu diskutieren, dass Banken wieder Dividenden ausschütten oder das Basel-3-Rahmenwerk nicht fertiggestellt werden sollte.“

Thierry Philipponnat, Head of Research and Advocacy von Finance Watch, sagte:

„Wir sehen das Wiederaufleben und die Institutionalisierung von staatlichen Bankenrettungen. Was die Rettung von Banken betrifft, haben wir uns in zwölf Jahren von einem „Nie wieder“ nach dem Schock der Finanzkrise von 2007-2009 zu einem „Es ist unsere Pflicht“ im Zuge der COVID-19-Krise bewegt. Dies hat weitreichende Folgen für das Bankensystem und die Gesellschaft.

“In einem Kontext, in dem die sich abzeichnende Klimakrise auch schwerste Folgen für die Finanzstabilität haben wird, ist es an der Zeit, die Beziehung zwischen Gesellschaft und Finanzinstitutionen zu überdenken.“

Für weitere Informationen oder Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an Charlotte Geiger, Head of Communications bei Finance Watch: charlotte.geiger@finance-watch.org oder unter + 32 474 33 10 31.

Original Pressemitteilung here.