In den letzten Jahren traten die US-amerikanischen Ökonomen Larry Summers und Kenneth Rogoff sowie der deutsche Ökonom Peter Bofinger mit der Forderung an die Öffentlichkeit, im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung das Bargeld ganz abzuschaffen und sich damit einer Entwicklung anzuschließen, die besonders in Schweden schon sehr weit vorangeschritten ist. Banknoten und Münzen seien in Zeiten der Digitalisierung archaische, altmodische Zahlungsmittel, die besser durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr ersetzt werden könnten. Außerdem förderten sie dunkle Geschäfte auf Schwarzmärkten sowie in den kriminellen Bereichen des Frauen-, Drogen- und Waffenhandels. Tatsächlich könnte die Existenz von 200er und 500er Scheinen diese dunklen Geschäfte ebenso erleichtern wie die Steuerhinterziehung. Deren tiefere Ursache ist das Bargeld allerdings nicht. Problematisch ist vielmehr die Eignung der größeren Scheine zur Hortung von Geld.
Trotz aller Erleichterungen durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr ist das Bargeld besonders bei der Zahlung von kleineren und mittleren Beträgen in Deutschland nach Angaben der Deutschen Bundesbank noch immer das beliebteste Zahlungsmittel. Seine Abschaffung würde die Anonymität der Zahlungsvorgänge aufheben und die Menschen in einem wesentlichen Teil ihrer ökonomischen Existenz den technischen Möglichkeiten einer totalen Überwachung ausliefern.
Sollte das Bargeld also wirklich abgeschafft werden? Oder wäre es vielleicht sinnvoller, es im Sinne der Geldreformvorschläge von Gesell, Keynes & Co. zu reformieren? Seine Belegung mit einer Liquiditätsgebühr – Keynes sprach von „künstlichen Durchhaltekosten des Geldes“ – könnte gerade in den gegenwärtigen Zeiten negativer Leitzinsen eine Möglichkeit bieten, die Hortung von Geld in größerem Stil zu unterbinden. Dann könnten die Notenbanken die Menge des in den Verkehr gegebenen Bargeldes stabilitätsgerecht an die Bedürfnisse der Realwirtschaft anpassen. Sie könnten die Inflation im Wege einer exakten Geldmengensteuerung ohne die Gefahr eines Abgleitens in eine Deflation auf null senken. Und zugleich könnten sie die kurzfristigen Zinsen noch tiefer als die bisherigen Null- und Negativzinsen in die Richtung von – 5 % senken, dadurch einen deutlich negativen Leitzins ermöglichen und dafür sorgen, dass die Zinsen für langfristige Geldanlagen in geringer Bandbreite um null pendeln. Dann würde das Geld – endlich! – ein verteilungsneutrales Mittel des wirtschaftlichen Austausches. Und eine gerechtere Verteilung würde schließlich gleichsam von selbst auch den Nährboden für kriminelle Geschäfte austrocknen.
Abschaffung oder Reform des Bargeldes? In Anknüpfung an die wissenschaftlichen Debatten in den USA und Deutschland sollen bei den 62. Mündener Gesprächen Argumente und Gegenargumente sorgfältig abgewogen werden. Zur Beteiligung an diesen Gesprächen laden wir Sie sehr herzlich ein.

Mehr Informationen, Programm und Anmeldung hier: www.sozialwissenschaftliche-gesellschaft.de/de/muendener-gespraeche.html