Bei Kryptowährungen und Blockchain handelt es sich um Innovationen im Bereich von digitalem Geld. Deswegen lohnt es sich zur Einordnung zuerst einen Überblick über verschiedene Formen digitalen Geldes zu verschaffen.
Digitales Geld
Neben dem Bargeld, welches physisch in Form von Münzen und Scheinen existiert, gibt es auch digitales Geld, welches nur in digitaler Form als auf Computern gespeicherte Daten vorliegt. Letzteres wird auch elektronisches Geld oder E-Geld genannt. Nur das Bargeld gilt als gesetzliches Zahlungsmittel, auch wenn sich Giralgeld (Sichteinlagen) im Alltag ganz überwiegend als Zahlungsmittel etabliert haben. Bei digitalem Geld werden unter anderem folgende Arten differenziert:
- Giralgeld (von Privatbanken geschöpftes digitales Geld, was auf Girokonten verwaltet wird)
- Kreditkarten-Kontostände (Visa, Mastercard, American Express)
- Elektronische Geldbörse (z.B. Geldkarte)
- Kontostände bei Zahlungsdienstleistern (Paypal, etc.)
- Bonuspunkte (Payback, Air-Meilen, etc.)
- Zweckgebundene online Guthaben (z.B. in Onlineshops wie Google Play Store oder dem Apple App Store sowie in Computerspielen wie Second Life, WoW, Fifa, etc.)
- Digitales Zentralbankgeld (aktuell noch in der Entwicklung)
- Kryptogeld
Rechtliche Begriffsdefinitionen
Die Begriffe für verschiedene Geldformen unterscheiden sich nicht nur zwischen den Gesetzestexten unterschiedlicher Rechtsräume, sie sind teilweise auch innerhalb diese gar nicht oder widersprüchlich definiert. Das gilt auch in den verschiedenen Ländern der Euro-Zone. Dies erschwert einen präzisen Umgang mit den Begriffen.
In der EU hat die 2018 erlassene fünfte Geldwäscherichtlinie eine rechtliche Definition von “Virtual Currencies” (VC), dt. “Virtuellen Währungen”, beinhaltet. Mit dieser liegt erstmals eine rechtliche Kategorie von Geld vor, die Kryptogeld mit abdeckt. Zwei wichtige Unterscheidungskriterien, sind einerseits, ob es einen Emittenten gibt und andererseits ob eine konventionelle Währung wie der EURO digitalisiert wird, oder eine unabhängige, neue Währung geschaffen wird. Zuvor hatte die EU den Begriff des “E-Geldes” eingeführt um die in den 90er Jahren entwickelten Geldkarten als Geldform abdecken zu können. Später wurden Kontostände bei Zahlungsdienstleistern (4ter Punkt), entgegen der ursprünglichen Intention des Begriffes ebenfalls als “E-Geld” klassifiziert. “E-Geld” hat aber als Voraussetzungen einerseits einen Emittenten und andererseits eine Anbindung an die gesetzliche Währung (im Euroraum den EURO). Bei Kryptogeld, wie dem Bitcoin, ist allerdings beides nicht gegeben. Aber auch die oben als 5ten Punkt erwähnten Bonuspunkt-Systeme, die oft Händler übergreifend auf digitalen Konten geführt werden, erfüllen die Voraussetzungen von Virtual Currencies.
Hingegen wird im amerikanischen Raum unter Virtual Currencies nur Kryptogeld verstanden.
Kryptogeld
Als eine Untergruppe von digitalem Geld fassen wir Kryptogeld auf. Instanziierungen von Kryptogeld wie Bitcoin werden üblicherweise Kryptowährungen genannt. Der Begriff Kryptowährung bezieht sich auf eine Währung, die sich dadurch auszeichnet, dass die Daten (z.B. Kontostände) nicht zentral bei einem Dienstleister gespeichert und verwaltet werden, sondern dezentral. Dies kann man sich so vorstellen, dass alle Kontobewegungen aller Nutzer nicht mehr geheim auf einzelnen Servern einer Bank gespeichert, sondern weltweit veröffentlicht und auf unzähligen Computern unterschiedlicher Interessensgruppen gespeichert werden. Dieses Prinzip wird auch Public Ledger (öffentliches Kontobuch) genannt.
Ein wesentliches Argument für diese Dezentralität ist, dass auf diese Weise Geld-Nutzer eine gewisse Unabhängigkeit, insbesondere von Banken, erhalten. Bei Zahlungen, die mit Giralgeld, via Kreditkarte oder durch einen Zahlungsdienstleister getätigt werden, hat die entsprechende Bank oder der Dienstleister als zentrale Institution die Kontrolle. Sie kann die Überweisungen nicht nur einsehen sondern sich sogar weigern diese auszuführen. Die Kontrolle, die Banken und Staaten nicht nur über das Zahlungssystem sondern auch über die Schöpfung von Geld haben, sehen viele Anhänger von Kryptogeld als ein Problem an. Bei einer dezentralen Buchführung ist keine Autorität (wie eine Bank) in der Position Überweisungen von Nutzern zu verhindern. Sogar die Geldschöpfung geschieht nicht durch Banken oder ähnliches, sondern verläuft nach von Beginn an festgelegten Protokollen. Um ohne Vertrauen in solche zentralen Institutionen dennoch vertrauenswürdiges Geld zu konstruieren spielt Kryptografie (also digitale Verschlüsselung) eine wesentliche und namensgebende Rolle.
Da die Überweisungen öffentlich sind erfolgt eine Pseudonymisierung um die Privatsphäre der Nutzer zu schützen. So wird verschleiert, welche natürliche Person zu welcher digitalen Identität und Transaktion gehört. Damit hängt auch der Ruf von Kryptowährungen zusammen, kriminelle Geschäfte zu fördern. Manche Kryptowährungen nutzen weitere Verschlüsselungstechnologien, um die Privatsphäre der Nutzer noch weiter zu schützen. Darunter gibt es sogar Kryptowährungen wie „ZCash“, welche durch komplexe Verschlüsselung eine wirkliche Anonymisierung versprechen.
Bitcoin
Das bekannteste Beispiel für Kryptogeld ist der „Bitcoin“. Dies war die erste Währung, welche ein internationales online Bezahlsystem etabliert hat, das keine Banken als Zwischenhändler und Garanten braucht. Bitcoin und viele andere Kryptowährungen nutzten eine sogenannte Blockchain (deutsch: Block-Kette). Dabei handelt es sich um eine Art dezentrale Datenbank, auf dessen Funktionsweise wir im Folgenden noch eingehen werden.
Der Erfolg von Bitcoin hat viele Imitatoren und Weiterentwicklungen wie Namecoin, Litecoin, Ethereum, Ripple, Faircoin etc. inspiriert. Manche dieser Währungen werden bereits wie der Bitcoin zum Bezahlen einiger Waren und Dienstleistungen akzeptiert.
Was verleiht diesen Kryptowährungen ihren Wert?
Der Preis von Bitcoin und vielen ähnlichen Kryptowährungen bestimmt sich allein durch Angebot und Nachfrage. Diese Kryptowährungen können bei keiner Institution wieder eingelöst und dadurch aus dem Verkehr gezogen werden (bei “Stablecoins” und “Utility-Tokens” ist das anders). Diese Währungen benötigen daher nichts, was im landläufigen Sinne als Deckung” bezeichnet wird. Die Nachfrage basiert also lediglich auf der Erwartung, dass die Währung in Zukunft zu einem hohen Preis gehandelt wird. Deshalb werden die meisten Kryptowährungen zum größten Anteil zur Spekulation statt als Zahlungsmittel verwendet.
Blockchain
Die meisten Kryprowährungen verwenden dieselbe Technologie wie Bitcoin, eine Blockchain. Eine Blockchain bietet die Möglichkeit mit einem dezentralen Netzwerk Daten zu speichern. Dabei speichert jedes Mitglied des Netzwerkes eine Kopie dieser Daten und das Protokoll der Blockchain regelt lediglich den Austausch darüber, welche Version die Richtige und Aktuelle ist. Dieser Prozess ist aber für ein dezentrales Netzwerk gleichberechtigter Mitglieder eine echte Herausforderung. Die Daten die gespeichert werden sind in der Regel Transaktionen, also Überweisungen in der entsprechenden Währung. Daher wünscht man sich für Kryptowährungen anders als bei den meisten Datenbanken, dass Daten nur hinzugefügt und nicht entfernt oder nachträglich geändert werden können. Nutzer sollen schließlich nur (von Ihrem Konto ausgehende) Transaktionen in die Blockchain schreiben, aber nicht Transaktionen, die schon ausgeführt wurden, löschen oder ändern können, da dies einer Manipulation der Kontostände gleichkäme.
Während diese Anforderungen mit einer zentralen Administration leicht erfüllbar wären, geht es bei Kryptowährungen gerade darum, auf zentrale Autoritäten zu verzichten. Das ist das Charakteristikum, welches die meisten dieser Währungen von den zuvor existierenden digitalen Währungen unterscheidet.
Wie funktioniert eine Blockchain?
Um die Dezentralität und Manipulationssicherheit zu erreichen, werden die Daten einer Blockchain (dt. Block-Kette) in kleine Blöcke zerlegt. Wenn neue Daten hinzugefügt werden, geschieht das durch einen neuen Block, der der Kette hinten angehängt wird. Welcher Block dies ist, wird durch ein schwer lösbares rechnerisches Problem geregelt, die zentrale Rolle spielt dabei eine sogenannten Hashfunktion. Hashfunktionen sind mathematische Funktionen, deren Eigenschaften bei dieser Konstruktion gewährleisten, dass jegliche Änderungen an Daten in einem Block das zusätzliche Ändern aller folgenden Blöcke benötigen würde. Diese Eigenschaft ist ein wichtiges Element für die Manipulationssicherheit der Blockchain.
Die zweite dazu notwendige Zutat ist ein Konsensus-Mechanismus.
Die meisten Kryptowährungen verwenden so wie Bitcoin „Proof of Work“ als Konsensus-Mechanismus. Dazu werden nur Blöcke einer ganz bestimmten Form (der Wert der Hashfunktion muss sehr klein sein) als gültig anerkannt. Ein gültiger Block kann nur energieaufwendig von Computern gefunden werden, dies ist das oben erwähnte schwer lösbare rechnerische Problem. Der Prozess einen solchen Block zu finden wird “Mining“ genannt und es kann von jedem betreiben werden. Da man mit “Mining” zum Weiterführen der Blockchain beiträgt, wird man dafür mit neu erstellter Währung und den Transaktionsgebühren der in diesem Block vorkommenden Transaktionen belohnt. Dabei erhöht sich allerdings die Schwierigkeit einen gültigen Block zu “minen”, also der existierenden Blockchain anzuhängen, je mehr Rechenstärke global fürs Mining aufgewendet wird. Dies geschieht genau in einer Weise die gewährleistet, dass eine relativ gleichmäßige Block-Produktion erreicht wird. Bei Bitcoin ist diese auf durchschnittlich einen Block alle 10 Minuten festgelegt.
Wie hilft dies bei der Manipulationssicherheit?
Der Konsens-Mechanismus legt fest, dass nur die längste Kette solcher Blöcke gültig ist. Für die Rechenleistung, die nötig ist um einen neuen Block zu etablieren muss eine gewisse Energie aufgewendet werden. Da nun das Manipulieren eines Blockes zusätzlich eine Änderung aller weiteren Blöcke benötigen würde, müsste all diese Energie neu aufgebracht werden um die Blöcke neu zu minen. Mit anderen Worten es würde mehr Energie und Rechenleistung benötigt als das gesamte restliche Netzwerk seit diesem Zeitpunkt aufgewandt hat, an dem der manipulierte Block gefunden wurde. Insbesondere werden daher Transaktionen sicherer, je länger sie in der Vergangenheit liegen.
Eine solche Manipulation wird 51%-Angriff genannt, da sich über die Hälfte der Rechenleistung aller Miner zusammentun müssten um ihn durchzuführen (als Profiteure von Bitcoin haben Miner aber gar kein Interesse an einem solchen Angriff). In diesem Sinne ist die Menge an Energie, die von Minern verbraucht wird genau das, was die Blockchain sicher vor Manipulation macht.
Die benötigte Energie limitiert zwar das Schöpfen der Coins, aber die Coins können nicht bei Minern wieder vernichtet werden um die Energie zurück zu erhalten. Deswegen wäre es irreführend davon zu sprechen, dass Bitcoins durch die benötigte Energie “gedeckt” wäre.
Probleme von Blockchains
Diese clevere Konstruktion bringt zwei große Nachteile mit sich. Zunächst besteht das Problem des Energieverbrauchs: Ein steigender Preis der Kryptowährung sorgt dafür, dass Mining profitabler wird. Das lockt neue Investitionen ins Mining an. Durch die zusätzlich investierte Energie und Rechenleistung steigt die Schwierigkeit fürs Mining (wie oben erwähnt) so lange weiter an, bis weitere Investitionen unlukrativ werden. Daher sorgt ein steigender Preis von Bitcoin für einen steigenden Energieverbrauch (die Höhe der Mining-Belohnungen und Transaktionsgebühren sind auch ein Faktor). Das Resultat ist, dass die Energie die zur Zeit für Bitcoin Mining verwendet wird ca. 19%, also etwa ein Fünftel, des gesamten Energiebedarfs von ganz Deutschland ist (Stand April 2021).
Der zweite Nachteil der konstanten Block-Produktion ist der begrenzte Speicherplatz in der Blockchain. Er begrenzt die Anzahl der möglichen Transaktion auf einen Wert, der um viele Größenordnungen zu gering für ein global vorherrschendes Zahlungsmittel ist. Mit anderen Worten eine Blockchain wird weniger effizient, je mehr Nutzer sie hat. Dies wird das Problem der Skalierbarkeit genannt.
Während das Problem des Energieverbrauchs ein Spezifikum des Proof-of-Work Konsensus ist, betrifft das Skalierbarkeitsproblem sämtliche öffentlichen Blockchains (um dieses zu lösen muss die Technologie so grundlegend weiterentwickelt werden, dass es sich nicht mehr um eine Blockchain im engeren Sinne handelt).
Ist Blockchain die Zukunft des Geldes?
Trotz dieser grundlegenden Probleme hat Bitcoin bewiesen, dass digitales dezentrales Geld möglich ist und damit die Vorstellungskraft von Geld-Enthusiasten angeregt. Sowohl bei der Blockchain, als auch bei Weiterentwicklungen dieser Technologie, welche die Probleme möglicherweise überwinden, handelt es sich im Grunde um Datenbank-Technologien. Das heißt für digitales Geld ist es eine Möglichkeit diese Technologien zur Speicherung der Kontostände und Transaktionen zu verwenden. Für eine zentrale Speicherung würden aber herkömmliche Datenbanken genügen.
In der Diskussion um die Entwicklung von digitalem Zentralbankgeld, “Central Bank Digital Currencies” (CBDCs), wird daher oft auch von Blockchain gesprochen. Eine Blockchain oder Blockchain-Weiterentwicklung ist allerdings für die Einführung einer solchen Geldform nicht notwendig. Genau genommen verwenden Banken schon lange so genannte Zentralbank-Reserven, eine Form von Zentralbankgeld, die digital ist und ohne eine Blockchain auskommt. Bei CBDCs geht es allerdings um eine Geldform von Zentralbankgeld die Bürger*innen zugänglich ist, wie Bargeld. Deshalb sind zumindest aus Sicht der Bürger*innen zum einen die Dezentralität, die eine gewisse Transparenz und Unabhängigkeit ermöglichen, und zum anderen die Möglichkeit von anonymen Zahlungen für CBDCs interessant.