Weltweit wird über weitere Reformen unserer Wirtschaftsweise nachgedacht, Konzepte werden ersonnen und so manches ausprobiert. Dabei lassen sich grob zwei Herangehensweisen unterscheiden:

  • Reform von oben, also von Seiten der staatlichen Strukturen aus (Top down)
  • Reform von unten, also durch verändertes wirtschaftliches Handeln der Menschen (Bottom up)

Auf dieser Webseite finden weiterführende Erläuterungen zu den Themen:

Gemeinwohl-Ökonomie

Ethische Geldanlagen

Crowdfunding und Mikrokredite

Share Economy und Schenkökonomie

Ordnungspolitische Ansätze

Im Bereich der Reformen des Finanz- und Geldsystems wird beispielsweise oft der Wechsel der Bank empfohlen und die Berücksichtigung ethischer Kriterien bei der Geldanlage. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac ruft seit einiger Zeit zur „Krötenwanderung“ auf, also zum Bankwechseln: Statt bei rein kommerziell agierenden Banken sollen Bankinstitute wie die GLS, die Umweltbank, Triodos oder lokale Bankinstitute wie die Sparkassen oder die genossenschaftlich organisierten Volks- oder Raiffeisenbanken gewählt werden.

Verbunden mit der Frage, wo wir als Sparer unser überschüssiges Geld anlegen ist die Frage: Woher bekommen unternehmerisch Tätige eigentlich Kapital? Über das Internet hat sich hier ein ganz neuer Geschäftszweig etabliert, die sogenannten CrowdFunding-Plattformen. Beim CrowdFunding wird eine Gruppe von Leuten gesucht, die Geld in einen gemeinsamen Topf geben, mit dem Projekte realisiert werden können. Bands fragen so ihre Fans nach der Finanzierung ihres nächsten Albums. Filmemacher verkaufen vorab die DVDs ihres noch zu produzierenden Dokumentarfilms. Festivals geben Tickets „an die Crowd“, die dafür vorab den Finanztopf füllt. Statt bei großen Banken gegen große Zinsen finanzieren sich solche Projekte also aus einer Vielzahl kleiner Gaben derjenigen, die die zu finanzierende Leistung später auch in Anspruch nehmen wollen. Der Kunde wird sozusagen zum Finanzier.

Ähnlich funktioniert das auch beim Genossenschaftsmodell. In der Hochphase des EEG sprossen in Deutschland Energiegenossenschaften wie Pilze aus dem Boden. Sie sammelten Geld ein, um Kleinkraftwerke wie Photovoltaik-Anlagen oder Windkraftanlagen zu realisieren, die dann den Geldgebern – den Genossenschaftlern – gehörten. Soziale Genossenschaften funktionieren nach demselben Prinzip, realisieren aber nicht Energieprojekte, sondern soziale Projekte. Beispielsweise ist das Regiogeld Sterntaler im Berchtesgadener Land als Sozialgenossenschaft gebaut. Mit den Einlagen ihrer Mitglieder wurde neben dem Regiogeld auch ein Tauschring und ein Dorfladen aufgebaut und in eine Photovoltaik-Anlage investiert. Die große Idee dahinter: All das in die Hand der Genossenschaftler zu bekommen, was zum Leben nötig ist.

Wo sich keine Gruppe an Finanziers findet, können Mikro-Kredite ein Finanzweg sein. In den sich entwickelnden Ländern waren Kleinkredite oft das Sprungbrett in eine selbständige Arbeitsweise, wenn mit ihnen die Werkzeuge angeschafft werden konnten, die zum unternehmerischen Handeln nötig waren. In Deutschland experimentierte die GLS-Bank und die Trägergenossenschaft des Chiemgauers, die Regios e.G., mit Mikro-Krediten. Im Chiemgau gab es solche Kleinkredite querfinanziert sogar zinslos, wenn sie in Chiemgauern ausgezahlt wurden. Hier beflügelten sich Mikro-Kredite und Regiogeld gegenseitig.

Die Idee der Gemeinwohlökonomie soll als Kontrast zur Profitökonomie verstanden werden: Während es heute als selbstverständlich gilt, dass Unternehmen dafür da sind, den Profit der Eigentümer zu maximieren, zeigt das Konzept der Gemeinwohlökonomie, dass Wirtschaften weitaus mehr ist: Es geht dabei auch um eine gute Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden, um den Gesunderhalt der Mitarbeiter, um Sinnstiftung, um Einbindung in die örtliche Vereinslandschaft und den Weitblick, was das eigene wirtschaftliche Handeln eigentlich mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Vertreter der Gemeinwohlökonomie regen an, neben der üblichen Finanz-Bilanz auch eine Gemeinwohl-Bilanz aufzustellen. Nicht nur Geldflüsse sollen analysiert und offengelegt werden, sondern die ganze Interaktionsbreite eines Unternehmens mit seinen Stakeholdern und seiner Umwelt. Unternehmen, die regelmäßig Gemeinwohlbilanzen erstellen, wissen also in viel umfassenderen Maße, wie ihr Unternehmen ins allgemeine Wirtschaftsleben eingebettet ist und können an der Entwicklung ablesen, ob sie Profit nur im Finanziellen erwirtschaften oder auch in anderen Bereichen. In dem Ansatz der Gemeinwohlökonomie liegt eine große Chance: Gemeinwohlbilanzen lassen sich ohne staatliche Entscheidungen durchführen, weshalb diese Neujustierung der Wirtschaftsweise von unten passieren kann. Gleichzeitig wirkt das Nachdenken eines Unternehmens über sein Tun aber sehr breit ins Unternehmen zurück und kann die ganze Arbeitsweise verändern. Da Unternehmen die wesentlichen Knoten im Wirtschaftsnetzwerk sind, kann daraus auch eine unternehmensübergreifende Reform des Wirtschaftslebens stattfinden – mit langfristig weitreichenden Auswirkungen.

Die Vertreter der Schenkökonomie wollen die der Wirtschaft zugrundeliegende Philosophie und das daraus folgende Denken und Handeln verändern. Warum, fragen sie, müssen Waren und Dienste immer im Tausch hergegeben werden, also immer eine Gegenleistung gefordert werden, wenn man etwas hergibt? Ließe sich nicht auch eine Wirtschaftsordnung auf dem bedingungslosen Schenken errichten? Wenn jeder seine Leistung verschenkt und zugleich von den anderen beschenkt wird, hat zum Schluß doch auch jeder, was er braucht, oder? Weite Bereiche unseres Lebens funktionieren nur durch Schenkökonomie: die meiste Arbeit, die in Familien geleistet wird, geschieht nach dem Prinzip der “Schenkökonomie”, z.B. arbeiten Eltern sehr viel um ihre Kinder großzuziehen.

Die Sharingökonomie wird dagegen schon seit geraumer Zeit von Profiteuren übernommen. Stand die Idee erst dafür, untereinander Werkzeuge, Fahrzeuge oder Räume zu teilen, während man sie nicht braucht, so sind inzwischen ganz kapitalistische Geschäftsmodelle daraus erwachsen: Bei Airbn „teilen“ Mieter ungenutzte Räume mit Touristen, bei Uber teilen Autobesitzer ihre Fahrt mit einem Mitfahrer. Abseits dieser zwei bekannten, stark profitorientierten Beispiele gibt es viele weitere, die den Kern der Sharingökonomie noch lebendig halten: CarSharing-Firmen erlauben es, dass Nicht-Auto-Besitzer Autos nutzen können und ersetzen so acht Privat-PKW durch ein Teil-Auto. In städtischen Gemeinschaftsgärten teilen sich Hobby-Gärtner den Boden, das Werkzeug, die Arbeit und nicht selten mit Spaß die Ernte. Bei der Solidarischen Landwirtschaft teilt sich eine (meist 100 bis 200 Menschen umfassende) Gruppe die Lebenshaltungskosten des Landwirts: Die Gruppe bestimmt gemeinsam, was angebaut wird und zahlt dem Landwirt die Lebenshaltungskosten; er pflanzt und pflegt und verteilt die Ernte an die Gruppenmitglieder – das Risiko wird ebenso geteilt wie die Ernte und man übernimmt stärker Verantwortung füreinander und für eine gesunde Ernährung.

Jene Reformbemühungen, die auf die staatliche Ebene zielen, haben es meist schwer. Sie müssen jahre- oder gar jahrzehntelang Lobbyarbeit betreiben, müssen Einfluss auf Politiker und Politikberater nehmen, müssen fachlich fundierte und politisch überzeugende Konzepte erarbeiten. Wenn Reformen über die politische Ebene durchgezogen werden, haben sie aber oft eine sehr weitreichende Wirkung: Denn Gesetze gelten lange und für alle – und nicht nur für die, die sich für eine ganz persönliche Reform entscheiden.

Unter anderen Helmutz Creutz hat einen Vorschlag für eine umfassende Steuerreform formuliert (1984). Statt Arbeit zu besteuern, wie es heute mit der Lohn- und Einkommensteuer der Fall ist, will Creutz vor allem den Umweltverbrauch besteuern: Energie, Ressourcen, Boden, Verkehr. Steuern heißen so, weil man mit ihnen natürlich auch die Dynamik des Gesellschaftslebens steuert. Würde Arbeit billiger und dafür Ressourcen- und Energieverbrauch teurer, so würde das gesellschaftliche System dahin tendieren, den Ressourcen- und Energieverbrauch zu minimieren, während Arbeitskräfte immer Arbeit finden dürften. Grundlegende Steuerreformen könnten sehr wirksam sein, sind aber nicht einfach umzusetzen, weil Menschen sich nicht leicht ändern und weil sie nicht gerne Vorteile abgeben. Trotz mächtiger Lobbyorganisationen kommen immer wieder Vorschläge, das Steuersystem zu reformieren, auch solche, die die Umverteilung von Arm zu Reich z.B. durch höhere Kapitalertragssteuern verringern wollen.

Immer wieder Thema: Die (Wieder-)Einführung einer Vermögenssteuer. Wer viel besitzt soll nicht nur Steuern auf das zahlen, was ihm zusätzlich zufließt (Einkommen), sondern auch auf das, was er besitzt. Um die Finanzmärkte zu beruhigen schlug der Wirtschaftswissenschaftler James Tobin eine Transaktionssteuer auf Devisengeschäfte vor. Die sogenannte „Tobin-Tax“ war Gründungsanlass für Attac – die zwei T in „Attac“ stehen für taxation des transactions financières: Transaktionssteuer auf Finanzgeschäfte. Würde es Steuern kosten, an den Börsen Geschäfte mit Währungen oder sogar Aktien zu machen, würde sich das hektische Geschäft beruhigen, weil jede Transaktion mindestens ihre Steuer abwerfen muss. Und es würden zusätzliche Steuereinnahmen aus Spekulationsgeschäften erzielt.

Eine Regulierung des Bankgeschäfts wurde seit Beginn der Finanzkrise 2007/2008 intensiver diskutiert. Man könnte ein Trennbankensystem einführen, bei dem es Banken verboten ist, Kunden- und Kreditgeschäfte (Geschäftsbanken) mit dem risikoreicheren Investmentbanking zu verbinden. Denkbar wäre auch eine Begrenzung der Größe von Banken, so dass Banken Geschäftsbereiche ausgliedern oder verkaufen müßten, wenn sie zu groß werden. Dahinter steht die Überlegung: Wenn kleinere Banken in Schwierigkeiten kommen sind auch die Probleme kleiner, die dadurch entstehen. Heute sind viele Banken „to big to fail“, also zu groß um abgewickelt werden zu können. Ihre schiere Größe zwingt die Staaten dazu, ihr Überleben zu sichern. Banken sollten aber, genau wie andere Unternehmen auch insolvent gehen können, ohne ein Risiko, dass bei einer Bankeninsolvenz eine ganze Volkswirtschaft zahlungsunfähig wird, weil der Zahlungsverkehr zusammenbricht. Eine Regulierung des Bankenbereichs könnte auch dazu führen, Banken Leerverkäufe oder den Verkauf von Kreditausfallversicherungen zu verbieten oder den Eigenkapitalanteil zu erhöhen.

Dass Eigentum zu sozialen Spannungen führen kann, hat nicht zuletzt Karl Marx mit seinen Überlegungen zum „Kapital“ in die Diskussion gebracht. Kritik an der Eigentumsordnung kommt immer wieder auf. Die Wirtschaftswissenschaftler Gunnar Heinsohn und Otto Steiger leiten die Entstehung von Geld von der Verfügbarkeit von Eigentum ab. Geld und seine Funktionsweise wären demnach stark von der Idee des Privateigentums geprägt. Eine besondere Form des Eigentums ist Grund und Boden, denn dieses läßt sich nicht vermehren. Während andere Waren hergestellt und so vermehrt werden können, trifft dies auf Grund und Boden nur in sehr begrenztem Maße zu (z.B. durch Landgewinnung an der Küste). Das Privateigentum an Grund und Boden wird daher schon seit Jahrzehnten immer wieder durch Reformvorschläge infrage gestellt. Der wohl häufigste bodenreformerische Gedanke ist, Boden nicht als Privateigentum anzusehen, sondern als Gemeinschaftseigentum aller Menschen. Wer Boden nutzen will, pachtet ihn von der Gemeinschaft. Hier schlagen die Ideen den Bogen zum Allmende-Gedanken, für den Elinor Ostrom 2009 den Wirtschaftsnobelpreis bekam und der im deutschsprachigen Raum beispielsweise von Silke Helfrich unter dem Stichwort der Commons und des Commoning propagiert wird.

 

Gemeinnützige Unternehmen, wie beispielsweise eine gGmbH – das kleine „g“ steht für „gemeinnützig“, arbeiten prinzipiell unternehmerisch. Zwei Aspekte unterscheiden sie von einem normalen Unternehmen: Erstens konzentrieren sie sich auf ein Arbeitsfeld, welches laut Abgabenordnung als „gemeinnützig“ gelten kann (beispielsweise Bildung, Forschung, Jugend- und Altenhilfe usw.) und zweitens werden anfallende Gewinne nicht an Eigentümer ausgeschüttet, sondern immer wieder ins Geschäftsfeld investiert.

 

Sie haben einen Reformansatz, der es wert ist, hier aufgeführt zu werden? Beschreiben Sie ihn uns in einem kurzen Absatz!