Warum gibt es immer wieder Finanzkrisen?

 

Für die Einführung des Euro gab es unterschiedliche Motive. Er wurde als Baustein einer „immer engeren Union“ der EU Mitgliedstaaten präsentiert. Darüber hinaus, obschon offiziell heruntergespielt, sollte die Europäische Währungsunion (EWU) ein zweites Weltfinanzzentrum werden, das dem ‚exorbitanten Privileg‘ des US Dollars als einziger bedeutender Weltwährung etwas entgegensetzen würde. Ein anderes Motiv, speziell im Zusammenhang der deutschen Wiedervereinigung nach 1989, bestand darin, wie zuvor schon im Fall der NATO und der Europäischen Verträge von 1957, Deutschland fest einzubinden.

Diesen Artikel als pdf-Datei herunterladen: Huber – Der Euro – sein Woher und Wohin

 

 

Von Caspar Dohmen:

Mit der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers begann 2008 die Wirtschaftskrise, und noch immer sind Politiker damit beschäftigt, Banken zu stabilisieren. Jetzt will ein Verein aus Bankern und Bürgern beweisen, dass ein anderes Geschäftsmodell möglich ist, wenn Anleger auf Zinsen verzichten und beim Bankgeschäft andere Regeln gelten. 2013 soll in Österreich die erste “demokratische Bank” eröffnet werden. Dass solche Alternativen funktionieren können, zeigen die GLS Bank, Triodos oder die Umweltbank. Sie agieren jedoch bis heute in einer Nische. Können sie da herauskommen oder werden die Platzhirsche ihre Bemühungen hintertreiben, um sie von den Finanzmärkten zu drängen?

Produktion: SWR 2013
Redaktion: Wolfram Wessels

Informationen zur Sendung finden Sie unter www.ARD.de

Das Manuskript der Sendung können Sie hier als .pdf (496 KB) herunterladen.

von Eva-Maria Hubert, in: Zeitschrift für Sozialökonomie Nr. 160/161, April 2009

Einführung
Unterschiedlichste Faktoren seien für die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten verantwortlich. Regelmäßig werden auch das zu geringe Niveau von Schuldzinsen und übermäßige Renditeansprüche angeführt, sie rücken verstärkt in die öffentliche Diskussion. Doch verwischen zahlreiche Finanzinnovationen zunehmend die Grenzen zwischen Eigen- und Fremdkapital. Wenn daher im Folgenden vereinfacht von Zinsen die Rede ist, handelt es sich um Geldzinsen auf eigenes und fremdes Geldkapital, genauer: Zinsen werden hier als „Preis eigenen und fremden Geldes“ definiert, ein Vorgehen, das gerechtfertigt erscheint durch die überwältigende Dominanz von Anlageentscheidungen als rein monetäre Entscheidung. Interessanterweise lässt eine solche Sichtweise die komplexe Funktionalität des Zinses deutlicher hervortreten.

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Von Bernard Lietaer, Dr. Robert Ulanowicz & Dr. Sally Goerner

Studie für die World Academy of Arts and Sciences (WAAS) Hyderabad, Indien, November 2008

Die fortlaufende Finanzkrise ist nicht das Ergebnis eines zyklisch auftretenden oder betriebswirtschaftlichen Versagens, sondern strukturell bedingt. Diese Aussage wird unter anderem dadurch belegt, dass es im Laufe der vergangenen 20 Jahre bereits mehr als 96 bedeutende Bankenkrisen gegeben hat und dass solche Pleiten auch in verschiedenen Kontrollsystemen und Stadien der wirtschaftlichen Entwicklung passiert sind. Wir müssen dringend bessere Lösungen finden, denn als wir dem letzten Zusammenbruch dieses Ausmaßes gegenüber standen – der Weltwirtschaftskrise der 1930-er Jahre – führte dies zu einer Welle des Faschismus und zum zweiten Weltkrieg. Doch die bisher angewendeten üblichen Lösungen – Verstaatlichung der Problem-Aktiva (wie im ursprünglichen Paulson-Rettungsplan) oder Verstaatlichung der Banken (wie in Europa) – behandeln nur die Symptome, nicht die grundlegende Ursache der derzeitigen Bankenkrise. Auch wird die Neuregulierung des Finanzsektors, die alle auf ihrer politischen Agenda haben, im besten Fall die Häufigkeit solcher Krisen reduzieren, nicht aber ihr erneutes Auftreten verhindern.

Die gute Nachricht: Es stehen nun eine systemische Betrachtungsweise und eine fachgerechte Lösung zur Verfügung, die aus solchen Pleiten ein Phänomen der Vergangenheit machen würde. Durch einen kürzlich erfolgten wissenschaftlichen Durchbruch, der das Konzept ausbalancierter, strukturell intakter und gut funktionierender Ökosystemen erklärt, lässt sich nun belegen, dass alle komplexen Systeme – einschließlich der monetären und finanziellen – strukturell instabil werden, sobald die Produktivität überbetont wird auf Kosten von Vielfalt und Vernetzung sowie der entscheidenden Widerstandsfähigkeit, die diese bieten. Das überraschend Grundlegende und Anwendbare dieser Erkenntnis liegt darin, dass es zu nachhaltigem Wohlstand gehört, Vielfalt auch in unsere Währungen und dazugehörigen Institutionen zu bringen, und damit die Verfügbarkeit von Geld in seiner wesentlichen Funktion als Tauschmittel zu erhöhen, statt als Mittel zum Sparen und für Spekulation. Zudem sind diese Währungen speziell so gestaltet, dass sie andernfalls ungenutzte Ressourcen mit unbefriedigten Bedürfnissen innerhalb einer Gemeinschaft, einer Region oder eines Landes verbinden. Diese Währungen werden als „ergänzend“ bezeichnet, weil sie das national gebräuchliche Geld nicht ersetzen, sondern vielmehr parallel dazu benutzt werden.

Der effektivste Weg für Regierungen, eine solche Strategie vielfältiger und nachhaltiger finanzieller Ökologie zu unterstützen, besteht darin, sorgfältig ausgewählte, solide Komplementärwährungen – während des Zeitraums, in welchem die Banken die reale Wirtschaft nicht mehr voll finanzieren können – als Zahlungsmittel für einen Teil der Steuern zu akzeptieren. Die Entscheidung darüber, welche Komplementärwährung akzeptiert werden sollte, hat sowohl eine fachliche Seite (Robustheit und Widerstandsfähigkeit gegen Fälschung) als auch eine politische (welche Aktivitäten werden als unterstützenswert angesehen). Wir empfehlen als besten Anwärter für diese Rolle eine professionell geführte Business-to-Business (B2B) Komplementärwährung nach dem Model des WIR2 Systems, das seit 75 Jahren erfolgreich in der Schweiz praktiziert wird und ein Viertel der Betriebe des Landes einbindet. Dieses System wurde in einer amerikanischen ökonometrischen Analyse als wesentlicher antizyklischer und stabilisierender Faktor für die sprichwörtliche Stabilität der Schweizer Wirtschaft gewürdigt.

Inhaltsübersicht:

I. Die Krise von 2008

II. Warum sollte man die Banken retten?

III. Neuregulierung des Finanzsektors

IV. Übliche Lösungen: Verstaatlichungen

a. Verstaatlichung von „faulen Krediten“
b. Verstaatlichung von Banken
c. Ungelöste Probleme
d. Verstaatlichung der Geldschöpfung

V. Systemische Stabilität und wirtschaftlicher Wohlstand

a. Jenseits der Schuldzuweisungen
b. Die Stabilität und nachhaltiger Wohlstand in ökonomischen Flusssystemen
c. Übertragbarkeit auf andere komplexe Systeme
d. Übertragbarkeit auf Finanzsysteme
e. Die systemische Lösung

VI. Unser Vorschlag

a. Die Privatwirtschaft
Noch eine Geschichte
b. Staatsregierungen
c. Städte und Gemeinderegierungen
d. Einige praktische Überlegungen
e. Antworten auf einige Einwände
f. Einige Vorteile

VII. Schlussfolgerung: Hypothetische Aufstellung der Wahlmöglichkeiten

 

Die Studie als PDF-Datei herunterladen (750 kB).

Dieser Artikel ist Teil unseres neuen Grundkurses Geldreform. Schauen Sie mal rein!