Das Finanzsystem soll der Wirtschaft und Gesellschaft dienen,  nicht schaden. Nach der letzten Finanzkrise haben Politiker eine weitreichende Reformierung des Finanzwesens versprochen – und doch ist das Finanzsystem zehn Jahre später fast so fragil wie zuvor. Immer noch fließt zu viel  Geld in spekulative Aktivitäten anstatt sinnvolle und nachhaltige Projekte in der Wirtschaft zu finanzieren, immer noch lässt sich der Staat von der  Finanzwirtschaft erpressen und rettet Banken, Bausparkassen und Versicherungen auf Kosten der Steuerzahler und Verbraucher. Es müssen   effektivere Reformen ergriffen werden, will man eine Neuauflage der Krise vermeiden und ein nachhaltiges Finanzsystem schaffen.

Doch wie bewerten die Parteien, die sich bei der Bundestagswahl am 24. September zur Wahl stellen, den Reformbedarf des Finanzsystems? Und   welche Maßnahmen wollen sie ergreifen?

Sieben Organisationen, die sich aus zivilgesellschaftlicher Perspektive seit vielen Jahren kritisch mit dem  Finanzsystem und seinen Folgen beschäftigen, haben sechs Parteien gebeten zu ihren Fragenkatalog Stellung zu nehmen und von allen Antworten   erhalten: CDU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD.

Allgemein lassen sich folgende Tendenzen feststellen:

• CDU/CSU schätzen die von ihnen unterstützten Gesetze für weitestgehend ausreichend ein. Den Hauptreformbedarf sehen sie in einer erhöhten Proportionalität der Regulierung und fordern daher Ausnahmen für kleine Banken („Small Banking Box“).

• Die SPD scheint grundsätzlich mit den mitgetragenen Reformen zufrieden. Sie will allerdings den gefährlichen Hochfrequenzhandel eindämmen und wirbt offensiv für eine Finanztransaktionssteuer.

• Die Linke spricht sich für eine radikale Veränderung der Finanzmarktarchitektur aus, zum Beispiel für eine Vergesellschaftung der privaten Banken, mit starker Betonung der Rolle von Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Zusätzlich strebt die Partei die Einführung eines „Finanz-TÜV“ an, d.h. es werden nur Finanzprodukte zugelassen, die nachweislich keine negativen Auswirkungen auf Gesellschaft oder Verbraucherrechte haben.

• Bündnis 90/Die Grünen fordern deutlich einfachere, aber härtere Regeln für die Finanzindustrie, damit große Banken weniger Schlupflöcher nutzen können und kleine Banken mit den bürokratischen Anforderungen zurechtkommen. Ein Beispiel ist eine deutlich höhere Eigenkapitalquote, die nicht durch interne Risikomodelle kleingerechnet werden kann, sowie die Offenlegung von Klimarisiken.

• Die FDP setzt tendenziell eher auf die disziplinierende Kraft des Marktes und will daher Aktionäre und Gläubiger konsequenter in die Haftung nehmen, wenn Banken in Schieflage geraten.

• Die AfD äußert sich systemkritisch, bleibt aber in ihrer Analyse sehr pauschal und bietet kaum Lösungsvorschläge.

 

Unsere Fragen und die Antworten der Parteien im original Wortlaut:

(auch als pdf, 27 Seiten, zum herunterladen)

 

1. Finanzwirtschaftliche Macht, „too-big-to-fail“-Problematik und Diversifizierung des Bankensystems

2. Stabiles Finanzsystem, Staatsfinanzierung und Bankenfinanzierung

3. Reform des Europäischen Systems der Finanzaufsicht und der Umzug der Europäischen Bankenaufsicht

4. Komplexität der Bankenregulierung

5.Regulierung des Kapitalmarktes– Hochfrequenzhandel – Finanztransaktionsteuer

6. Privileg der Giralgeldschöpfung von Geschäftsbanken

7. Finanzsystem, Nachhaltigkeit und Umweltschutz